Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

gut ein Jahr vor der Abstimmung noch 20 Prozent der potenziellen Un- terstützer täglich über Politik, waren es im März 2003 gerade noch 12 Prozent. Zum Zeitpunkt der Abstimmung hatte sich demnach die Pro-Seite sehr weitgehend aus der Gesprächsöffentlichkeit zurückgezo- gen, im wahrsten Wortsinne eine «schweigende Mehrheit» (vgl. hierzu Marcinkowski 2006). Nimmt man die Ergebnisse der vorhergehenden Abschnitte hinzu, dann heisst das nicht weniger, als dass das Contra- Lager in allen Arenen der politischen Öffentlichkeit (Medien, Versamm- lung, Gespräch) stärker repräsentiert und auch aktiver war. Deutlich mehr als ein Drittel der Stimmbürger bewegen sich wäh- rend der Kampagne in weitgehend konkordanten Kommunikationsum- welten. Sie stimmen mit allen oder den meisten ihrer Gesprächspartner in der Bewertung der Verfassungsfrage überein. Das wirkt auf den ersten Blick sehr eindeutig (Tab. 36). Bemüht man Vergleichszahlen, relativiert sich dieser Eindruck. Fragt man beispielsweise in Deutschland nach der Übereinstimmung parteipolitischer Präferenzen, so sagen 65 Prozent bis 70 Prozent der Wähler, dass sie sich überwiegend mit solchen Freunden, Bekannten und Kollegen über Politik unterhalten, die der gleichen Partei zuneigen wie sie selbst. Bezogen auf Verwandte sagen das bis zu 80 Prozent (Schmitt-Beck 1994, 176). Im Vergleich zu diesem Aus- mass parteipolitischer Homophilie wirkt das persönliche Kommunika ti- onsumfeld im hier untersuchten Abstimmungsprozess geradezu turbu- lent. Rund die Hälfte der Stimmbürger beschreibt ihr individuelles Kommunikationsnetzwerk als zweigeteilt 
(two message model); diese Befragten sind nicht in der Lage, ein eindeutiges Meinungsübergewicht der Pro- oder Contra-Seite unter ihren Gesprächspartnern auszuma- chen. Ob dies mehr mit der Kontroversität der hier behandelten Streit- frage zu tun hat oder ein typisches Merkmal von Abstimmungsöffent- 258Öffentliche 
Kommunikation im Abstimmungsprozess Tabelle 36: Übereinstimmung mit Gesprächspartnern bei Gesprächen über die Verfassungsfrage (gültige Prozent)20012003 Stimme mit allen / den meisten überein 36.437.4 Teils / Teils55.648.1 Stimme mit allen / den meisten nicht überein 8.014.5 Gesamt100.0100.0 (N = 602)(N = 800)
	        

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