zung genossen. Die Nein-Argumente wurden optisch unauffällig vorge- tragen und setzten vor allem auf die Integrität der Personen, die sich na- mentlich gegen die Fürsteninitiative aussprachen. Das Timing der Kampagnen lässt sich schlagwortartig als Massie- rung aller Kräfte im Schlussspurt (Fürstenkampagne) vs. längerfristiges und kontinuierliches Vorbereiten des Abstimmungsfeldes (Demokratie- bewegung) beschreiben. Stellt man die Umfragedaten in Rechnung, wo- nach sich rund 16 Prozent der Stimmbürger in den letzten zwei und rund 19 Prozent in den letzten drei Wochen vor der Abstimmung ent- schieden haben,195während 70 Prozent der Befragten angeben, ihre Ent- scheidung habe von Beginn an fest gestanden, kann man davon aus ge- hen, dass die Inseratekampagne, ganz unabhängig von der noch zu klä- renden Wirkungsfrage, am Ausgang der Abstimmung nichts Entschei- dendes zu ändern vermocht
hat. 5.3Versammlungsöffentlichkeiten: Angebot und Nutzung von Informationsveranstaltungen Neben der medialen Öffentlichkeit bildet die Versammlungsöffentlich- keit ein weiteres Forum für Meinungsbildung. Unter Versammlungen werden zeitlich und thematisch festgelegte Veranstaltungen unterschied- lichster Art verstanden, an denen die Versammlungsteilnehmer persön- lich an einem Veranstaltungsort anwesend sind. Solche «kleinen» For- men von Öffentlichkeit werden nur selten zum Gegenstand kommuni- kationswissenschaftlicher oder öffentlichkeitssoziologischer Forschung gemacht (Gerhards 1992; Hurrelmann / Liebsch / Nullmeier 2002). Ge- rade in kleinen Gesellschaften kommt aber kleinen Öffentlichkeiten eine grosse Bedeutung zu. Die grösste Versammlung zur Verfassungsabstim- mung erreichte mit rund 600 Teilnehmenden immerhin vier Prozent der Stimmberechtigten des Landes. Vor diesem Hintergrund interessieren wir uns in diesem Kapitel für Angebot, Nutzung und Funktionen der Versammlungsöffentlichkeit im Abstimmungsprozess. 240Öffentliche
Kommunikation im Abstimmungsprozess 195Das ist im Vergleich zu Abstimmungen in der Schweiz ein ausgesprochen geringer Anteil «Kurzentschlossener» (vgl. mit einschlägigen Daten Kriesi 1994, 243).