Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

dient der Umstand, dass sich entsprechende Stimmen unmittelbar nach Anmeldung der Verfassungsinitiative durch das Fürstenhaus mehrten. Dabei blieb es nicht nur bei medienöffentlichen Forderungen nach einem baldigen «end of talk», Regierungsvertreter und der Initiant selbst liessen entsprechende Taten folgen, etwa die Nicht-Teilnahme an öffent- lichen (vom Radio live ausgestrahlten) Diskussionsrunden und die Ab- sage an eine diskursive Fernsehdiskussion. Ein weiteres zentrales Kon- zept deliberativer Politik, dessen Verletzung im Liechtensteiner Verfas- sungsentscheid beispielhaft studiert werden kann, ist das Postulat des Respekts 
(empathy)gegenüber der Person des politischen Konkurren- ten, der Legitimität seines Anliegens und den Bedürfnissen der Betroffe- nen (vgl. Habermas 1991, 73; Gutmann / Thompson 1990, 85; Macedo 1999, 10). Zu keinem Zeitpunkt der Debatte hatte namentlich der Lan- desfürst zu erkennen gegeben, dass er die Kritiker seiner Initiative als le- gitime politische Konkurrenten akzeptiert hätte. Verschiedentlich kam es zu medienöffentlichen Diskreditierungen und Polemiken gegenüber den politisch Andersdenkenden, wobei auch hier galt, dass sich einschlä- gige Fälle in der heissen Phase des Abstimmungskampfes häuften (vgl. ausführlicher Marcinkowski 2004). Die Gesamtbilanz der in diesem Abschnitt präsentierten Befunde muss sich auf den Vergleich der Prozessphasen konzentrieren, geht es doch vor allem um die These, dass sich diskursive Qualitäten medien öf- fentlicher Kommunikation – wenn überhaupt – unter dem Eindruck der institutionellen Anreize direktdemokratischer Verfahren einstellen. Für diese Annahme spricht die deutliche Intensivierung und Verdichtung der Presseberichterstattung bei gleichzeitigem Abbau asymmetrischer Be- rücksichtigungschancen von zivilgesellschaftlichen Gruppen und «einfa- chen» Stimmbürgern, ein Effekt, der allerdings nicht von den Medien, sondern von Teilen des aktiven Medienpublikums bewirkt wurde. Dafür spricht auch, dass die kommunikativen Beiträge in der plebiszitären Phase markant häufiger an einen explizit genannten Adressaten gerichtet waren. Dabei handelte es sich aber – wie die weiteren Analysen gezeigt haben – mehrheitlich nicht um Argumentenaustausch, sondern um For- derungen, Schuldzuweisungen, Handlungsappelle u. a. Gegen diskursive Qualifizierung spricht darüber hinaus die eklatante De-Thematisierung des substantiellen Gehalts der Entscheidungsvorlage, die argumentative Verarmung im Debattenverlauf, die Anzeichen für Diskussionsverwei- gerung und mangelnder Respekt in der Schlussphase. Insgesamt legt der 213 Medienöffentlichkeit
	        

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