Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

Verschiedene Hoffnungen waren damit verbunden. Einerseits sollte das Image des Nein-Sagens abgestreift werden. Die Initiative sollte dabei wegen ihrer Beschränkung auf wenige Punkte einfacher und volks- naher sein als die komplexe Initiative des Fürstenhauses. Mit dem be- schönigenden Titel «für Verfassungsfrieden» wollte man der Konsens- und Kompromisspräferenz der Bevölkerung entsprechen. Die Initianten waren gesellschaftlich und parteienmässig breit gestreut, sollten also glaubwürdig als Vertreter des Volkes erscheinen. Ausserdem wurde in der öffentlichen Kommunikatikon hervorgehoben, dass die Absicht der Initiative im Einklang mit den Absichten des Fürstenhauses stehe – etwa in Fragen des Rechtsstaates, der Entpolitisierung der Richterbestellung, der Stärkung der Volksrechte, der Legitimation der Monarchie oder der Überwindung der tiefen Gräben in der Gesellschaft aufgrund des Ver- fassungskonfliktes.135 Am 24. Oktober 2002 hatte der Landtag sich folglich mit zwei Volksinitiativen zu befassen. Das Parlament folgte in beiden Fällen dem Bericht der Regierung, die sich kurzfristig auch mit der zweiten Initia- tive befasst hatte, und erklärte beide Initiativen für zulässig, die Initiative des Fürstenhauses mit 20 von 25 Stimmen, die Initiative für Verfas- sungsfrieden einstimmig. Am 1. November begann die Frist für die Un- terschriftensammlungen, nachdem die Initiativen in den Landeszeitun- gen amtlich publiziert worden waren. Erwartungsgemäss verstand das Fürstenhaus die Konkurrenzinitia- tive keineswegs als Friedensangebot. Die Reaktion fiel harsch und zor- nig aus. Die Charakterisierung reichte in den folgenden Tagen und Wo- chen von «Etikettenschwindel», dem Versuch, «den Verfassungsstreit um die Monarchie fortzusetzen» bis zu «politisches Kasperltheater». Die Gegner wurden als «Streithanseln» attackiert, durch die Initiative solle «weiterhin Öl ins Feuer geschüttet werden, um eine Polarisierung zu er- reichen». Die Initiative führe zu «eingeschränkter Demokratie», zur Entmündigung von Fürst und Volk zugunsten des Staatsgerichtshofes («Übersouverän», «Richterstaat») und zu einem Abenteuer, an dessen Ende «vielleicht eine Republik Oberrheintal oder sonst irgendeine an- 150Öffentliche 
Kommunikation im Abstimmungsprozess 135Vgl. die Informationen auf dem Unterschriftenbogen und die weitere Kommunika- tion im Faltblatt «Verfassungsfrieden», welches vom Dezember 2002 bis März 2003 monatlich herausgegeben wurde.
	        

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