Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

Die Befürworter der Fürstenvorlage standen vor der rhethorischen Herausforderung, eine Massnahme als «Kompromiss» anpreisen zu müssen, die nicht nur zu einer tiefen Spaltung in der Gesellschaft ge- führt, sondern auch im Landtag ausschliesslich die Unterstützung der FBP gefunden hatte. Von verschiedenen, international anerkannten Ver- fassungsrechtlern standen Gutachten im Raum, die der Vorlage in Bezug auf Demokratie und internationaler Verträglichkeit kein gutes Zeugnis ausstellten. Dem standen anders lautende Auftragsgutachten entgegen. Der vermeintliche Kompromiss war also zweifellos umstritten – juris- tisch, politisch und gesellschaftlich. Die Befürworter der Vorlage ver- mieden daher bis zur Volksabstimmung vom März 2003 möglichst eine öffentliche Beschäftigung mit den einzelnen Verfassungsartikeln und gingen kontroversen Diskussionen so weit als möglich aus dem Weg. Stattdessen lauteten die Hauptbotschaften, dass die Zeit für eine rasche Entscheidung gekommen sei und der Konflikt mit einer Volksabstim- mung rasch beendet werden müsse. Irgendeine Entscheidung erschien in dieser Lesart wichtiger als keine Entscheidung. Die FBP beziehungsweise das Liechtensteiner Volksblatt konkreti- sierten diese Strategie mit einer Serie von ausführlichen Statements und Interviews verschiedener Persönlichkeiten der FBP.128Die weiter oben erwähnten Umdeutungen in der Verfassungsfrage wurden massstabsge- treu übernommen. Die Schlagzeile zum Interview mit einem Ex-FBP- Parteipräsidenten lautete: «Machtverschiebung zugunsten der Stimm- bürger». Das Interview mit einem anderen Ex-FBP-Parteipräsidenten wurde mit «Wir müssen einfach mal entscheiden» betitelt, und die Stel- lungnahme einer Juristin aus dem FBP-Lager stand unter der Schlag- zeile: «Warum auf Bewährtes verzichten?», womit aber nicht die Bei be- haltung der bestehenden Verfassung gemeint war, sondern die Fortschreibung der Vormachtstellung des Staatsoberhaupts. Weiterer Te- nor in den Stellungnahmen war, dass es nicht um einzelne Verfassungs- artikel gehe und dass auch die Meinung von Experten sowie Urteile aus 146Öffentliche 
Kommunikation im Abstimmungsprozess Schluss der Rede, in welcher der Landtagspräsident allen «ein schönes Fürstenfest» wünschte, obwohl der Anlass seit dem Gesetz über den Staatsfeiertag von 1990 of- fiziell als «Staatsfeiertag» begangen wird. 128Jeweils im Liechtensteiner Volksblatt: Ex-FBP-Präsident Hansjörg Marxer am 22. August 2002, Ex-FBP-Parteipräsident Norbert Seeger, FBP-Gemeinderätin Bet- tina Kaiser, die im Artikel als «Balzner Juristin» vorgestellt wurde, am 29. August.
	        

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