Volltext: Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie

wurden viele kritische Stimmen laut, die an Veranstaltungen und in den Zeitungen öffentlich zu vernehmen waren. Beachtung fand auch eine kritische Analyse eines Autorenteams um Gerard Batliner, welche unter dem Titel «Memorandum» erschienen war (Batliner u. a. 2002). Weitere kritische Beiträge befassten sich mit der verfassungsrechtlich weitgehend ungeklärten Frage des Status des Hausgesetzes (Kühne 2002; Marxer 2003a). Auf der anderen Seite erhielt die Vorlage des Fürstenhauses Unter- stützung durch die von ihm selbst bestellten Gutachter (siehe weiter oben). Auf die umfangreiche mediale Berichterstattung, das bürger- schaftliche Engagement in Form von Leserbriefen und organisierten Be- wegungen für und wider die Verfassungsvorlage wird weiter unten noch ausführlich eingegangen. An dieser Stelle genügt der Hinweis, dass ein enorm hoher Werbeaufwand betrieben wurde, welcher allenfalls noch mit der EWR-Abstimmung von 1992 vergleichbar ist. Am 21. Oktober 2002 meldeten 202 Personen eine Volksinitiative an, die einen Alternativentwurf zur Fürsteninitiative darstellen sollte, was dem euphemistischen Titel «Initiative für Verfassungsfrieden» aller- dings nicht zu entnehmen ist. Tatsächlich zielte diese Initiative auf die Verwirklichung der Volkssouveränität und damit auf eine Demokratisie- rung des politischen Systems Liechtensteins ab. Massgeblich war dabei die Abänderung von Art. 9 LV betreffend das Sanktionsrecht: Nach den Vorstellungen der Initiative für Verfassungsfrieden hätte der Landtag im Falle einer Sanktionsverweigerung des Fürsten eine Volksabstimmung durchführen lassen können, nach welcher keine Sanktion des Fürsten mehr erforderlich gewesen wäre. Bei Volksabstimmungen aufgrund von Initiativen und Referenden wäre eine Sanktion von vornherein obsolet geworden. Weitere Verfassungsartikel, die geändert werden sollten, be- trafen das Notverordnungsrecht, die Richterbestellung und den Staats- gerichtshof. Der Landesfürst verstand die Initiative für Verfassungsfrieden kei- neswegs als Friedensangebot, sondern als Kampfansage gegen die mo- narchische Macht im Staat. Kraft seiner bestehenden Sanktionsgewalt im Gesetzgebungsverfahren konnte er diese Initiative überzeugend als «Totgeburt» charakterisieren. Er kündigte an, sie im Falle mehrheitlicher Zustimmung nicht zu sanktionieren. Gegen die Initiative für Verfas- sungsfrieden wurden im Übrigen keine Beschwerden erhoben, Regie- rung und Landtag liessen die Anmeldung der Initiative zu.119 Volksinitiativen
	        

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