Von Pinseln - und Pixeln
-ABINE BOCKMÜHL = Einander zum ersten Mal bewusst begegnet sind wir uns wahr
scheinlich während einer Gemeinschaftsausstellung im Alten Bad Pfäfers, zu der eine
Gruppe Liechtensteiner Künstler und Künstlerinnen eingeladen war, einen Ausschnitt
hrer Werke zu zeigen. Josef hantierte beim Einrichten geübt mit gerahmten Bergbil-
dern - Aquarellen, wie ich mich zu erinnern glaube. Er ging mit mir um wie mit einem
alten Kumpel und ich mochte seine Art sofort. Natürlich wusste er, wer ich war und
4ass mein Vater, ebenfalls in Triesen ansässig, künstlerisch tätig ist. Ma redt halt im
Dorf. Es war selbstverständlich, dass er in mir die Künstlerkollegin sah und so war
auch der Umgangston.
Später haben wir uns ab und an getroffen, auf dem Parkplatz des Supermarkts, bei
Ausstellungen oder vielleicht auch auf dem Werkhofareal. Dünkel! und elitäres Künst-
lergehabe liegen Josef fern und seine hemdsärmlige Art schafft sofort eine entspann-
te Atmosphäre. Er erinnert mich an meinen Kunstlehrer Fredi Kobel in St. Gallen, der
abenso unprätentiös wie Josef in Cordhosen und Flanellhemd gekleidet war, einen
lebhaften weissen Haarkranz und eine zurückhaltende aber starke Präsenz hatte.
Josef macht kein Aufheben um das, was er tut, er macht einfach. Stetig und mit Ener-
gie. Und doch auch mit Künstlerstolz.
Yeute sitze ich als Grafikerin am Bildschirm und verarbeite die Aufnahmen seiner
Bilder für dieses Buch. Erst jetzt wird mir bewusst, wie viel und wie vielfältig Josef ge-
schaffen hat und noch immer schafft. Trotz den Behinderungen durch seine Krank:
heit oder vielleicht auch gerade deswegen. Ich kann nun sein gesamtes Schaffen
n der ganzen Bandbreite betrachten. Die akademischen Zeichnungen, die Malerei
mit unterschiedlichstem Pinselduktus und expressiver oder zurückhaltender Farbge-
dung, die Aquarelle und Materialbilder. Und die Bilder, die nicht älter als ein paar Mo-
nate sind und eine Kraft haben, die mitten ins Sternum trifft und gleichzeitig öffnet.
Je länger ich seine Arbeiten betrachte, desto mehr begeistern sie mich. Tatsächlich
sehe ich Verwandtschaften mit Cezanne, Lautree, Carigiet, Pollock und vielen mehr.
‚osef Schädler ist, auch wenn er als «Bergmaler» vielleicht gerne in diese Ecke ge-
stellt wird, keinesfalls ein Provinzmaler. Und ich, die ich normalerweise keinen Drang
verspüre, ein Bergbild an die Wand zu hängen, bin begeistert von «seinen» Bergen.
Begeistert auch davon, mit welch scheinbarer Leichtigkeit er Farben auf den Un:
*ergrund aufträgt und komponiert, wie lebendig und gekonnt die Linienführungen
sind. Er entdeckt leuchtendes Violett oder unverschämtes Hellgrün, wo andere nur
Grautöne finden. Dieselbe Begeisterung teile ich mit Sven Beham, dem Fotografen,
der sich durch die verschiedenen Lagerstätten der Bilder fotografiert und mit Eva-
Maria Bechter, die über ihn und seine Kunst geschrieben hat. Und natürlich mit Anton
Banzer, der dieses Buch initiiert und in seiner Entstehung betreut hat.
Es scheint, als ob Josef niemals satt würde, das, was er sieht, ins Bildhafte zu über-
tragen. Und mit welcher Kraft und Beharrlichkeit er dies tut! Er sieht und schaut und
lässt sich verführen, vom Licht, von den Strukturen, und er sieht vor allem im Nächs-
ten und Nahen das, was andere weit entfernt zu finden glauben. Diese Hingabe ist
as, die mich beeindruckt. Sie soll ihm noch lange erhalten bleiben.