Mehr, als was man von ihm zu kennen glaubt
ANTON BANZER = Es war vollkommen unspektakulär und nahezu beiläufig, als im da-
mals gerade neu eröffneten Triesner Kulturzentrum Gasometer der Entschluss ge:
fasst wurde, den 80. Geburtstag des Künstlers Josef Schädler zum Anlass für eine
Retrospektive zu nehmen: Irgendwie war ich mit Josef Schädler ins Gespräch gekom
men und dabei erwähnte er, ohne allerdings konkreter zu werden, das bevorste-
hende runde Geburtsdatum. Das Gespräch blieb bei diesem Thema hängen. Mein
Interesse war geweckt und nach kurzer Diskussion habe ich ihm vorgeschlagen, ein
Buch über sein Lebenswerk herauszugeben, um nur eine Sekunde später an seinem
Gesichtsausdruck festzustellen, dass er wohl genau darauf hinaus wollte.
Offensichtlich hatte er jemanden gesucht, der seinen Plan umsetzen konnte, und ich
bin stolz, dass ich es war, den Josef Schädler auswählte. Über die subtile Art der «Re-
krutierung» haben wir später nie gesprochen. Dazu brauchte es keine Worte mehr.
Überhaupt war es mit den Worten in der Folge so eine Sache: Anfangs noch nicht,
später hingegen umso mehr. Nicht etwa, weil wir uns nicht verstanden hätten, son-
dern weil Josef Schädler im Sommer 2008 nach einem Schlaganfall mehr und mehr
seine Stimme verlor und schliesslich ganz verstummte. So wie er als Künstler aber
immer offen für Neues ist, hat er auch die veränderte Lebenssituation angenommen.
Er hat nie gerne geschrieben - jetzt muss er es plötzlich, um sich überhaupt ver
ständigen zu können. Und so schreibt er, anstatt zu sprechen. Er schreibt auf kleine
Zettel und per SMS auf einem Mobiltelefon, dessen Tasten scheinbar viel zu klein für
die vom Leben gezeichneten Finger dieses bodenständigen Mannes sind. Er spricht
aber auch - und zwar durch seine Bilder, von denen in den letzten beiden Jahren
zahlreiche ganz erstaunliche entstanden sind.
Vor seinem künstlerischen Lebenswerk stehe ich fast erschlagen da. Es ist eine un:
geheuere Menge an Bildern und Werken aus beinahe sieben Jahrzehnten, in denen
Josef Schädler sich ausdrückt und in denen sich die Lebensabschnitte genauso ab-
lösen wie die unterschiedlichen Techniken und Stilrichtungen. Diesem Lebenswerk
in einem einzigen Buch gerecht zu werden, war keine leichte, immer aber eine sehr
spannende Aufgabe.
Allen, die zum Buch von Josef Schädler einen Beitrag geleistet haben, sei an dieser
Stelle herzlich gedankt. Allen, die dieses Buch anschauen, möge es ergehen, wie es
mir ergeht: Josef Schädler ist immer mehr, als was man von ihm zu kennen glaubt.
Lieber Sepp, herzlichen Glückwunsch zu Deinem Geburtstag
Triesen, am 11. April 2010