sie «für» Liechtenstein sind. Der Landtag hat übrigens nach einer für liechtensteinische Verhältnisse hochstehenden und ernsten Debatte – man bemerkte die Last auf den Abgeordneten – eine Entscheidung (20:5 Stimmen) gefällt. Auch werden sich die vom Landtag und der Re- gierung nicht so leicht davonschleichen können wie wir, die wir sozu - sagen «Private» sind. Dabei ist die Regierung diesmal etwas handicapiert, mehr als dieje- nigen, die schliesslich nicht Rechenschaft schuldig sind. Die Regierung muss auf die Fragen antworten. Wir führen nun eine dreijährige (mehr als zwei Jahre länger als andere Staaten) EWR-Debatte. Indem die Re- gierung einem Bedürfnis nach Auskunft Rechnung trug, haben wir schon x-mal dasselbe gehört. Wenn aber einleuchtende Dinge zehn- oder zwanzigmal wiederholt werden, wem kommen da nicht Zweifel? Daraus nun abzuleiten, dass 2 + 2 = 3 oder 5 sind, könnte sich verhängnisvoll auswirken. Vom innerstaatlichen Abstimmungsverfahren bei der Gesetzge- bung wissen wir: Wer Ja sagt, stimmt für die neue Vorlage. Wer Nein sagt, stimmt für die Erhaltung der bisherigen Regelung. Sozusagen in- stinktiv übertragen wir diese Einstellung auf die EWR-Abstimmung. Wir diskutieren die Vor- und Nachteile eines EWR und glauben, bloss Nein sagen zu müssen zur Erhaltung des Bisherigen. Doch die Abwä- gung der Vor- und Nachteile eines EWR trifft nur fünfzig Prozent der Realität. Denn nach nüchterner Gesamtbetrachtung können wir realisti- scherweise nur zwischen zwei fahrenden Integrationszügen entscheiden. Wer Nein sagt, sagt Ja zu einem anderen, allerdings ungewissen Integra- tionszug. Denn die Isolation, uns selbst aufgeben, uns an den Wegrand setzen, während die Welt sich bewegt – das können wir nicht wollen. Eine totale Isolation, hätten wir sie in der Vergangenheit prakti- ziert, wäre schon lange das Ende Liechtensteins gewesen. Liechtenstein hat immer in einem Verbund gelebt: im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (bis 1806), dann im Rheinbund (bis 1813), dann im Deutschen Bund (1815–1866), dann zusammen mit der Donaumonar- chie (bis zum Ende des Ersten Weltkrieges), dann seit 1919/1924 im Ver- bund mit der Schweiz, und mit ihr seit 1960 in der EFTA. Ist aber die völlige Isolation keine Perspektive, bleiben, schema- tisch gesprochen, drei Wege: die direkte bilaterale Annäherung von aus- serhalb an die EU und die EWR-Staaten, die indirekte Annäherung hin- ter der Schweiz, die ihrerseits weder zur EU noch zum EWR gehört, 168Texte
aus dem Nachlass von Gerard Batliner