Volltext: Was will Liechtenstein sein?

«Am Sonntagmorgen des 9. April werde ich Ja stimmen» Aufruf aus dem Liechtensteiner Volksblatt vom 1. April 1995 Sehr geehrte Leserin Sehr geehrter Leser Wenn ich am Sonntagmorgen des 9. April in Eschen das Abstimmungs- lokal aufsuche und dann, allein in der Stimmzelle, mein Ja oder Nein auf dem Stimmzettel eintrage, werde ich nicht für oder gegen die Regierung, für oder gegen das Staatsoberhaupt entscheiden, ich werde das Land, die Zukunft meiner Kinder, mich selbst im Auge behalten. Jeder trägt seinen Teil zur liechtensteinischen Abstimmung bei. Einigen wird es ergehen, als wenn der Arzt nach einem Untersuch mitteilte: «Ich habe eine Krankheit festgestellt, die sich womöglich im Körper ausbreitet und den Zustand verschlechtern kann. Eine Operation ist angezeigt – erfah- rungsgemäss besteht kein Risiko.» Bleibt nicht ein Restrisiko? Einer hat es an einer Versammlung im vergangenen Herbst so formuliert: Es sei ihm zumute, als ob er die Wahl habe, sein «Bein absägen» oder «abfrä- sen» zu lassen; er enthalte sich (damals) der Stimme. Nicht alle denken so. Aber jeder empfindet das Fundamentale, das Schicksalhafte, das Zwanghafte und Einmalige der Entscheidung. Irgendwie erkennt oder fühlt jeder – die grosse Unruhe verrät es –, dass eine fundamentale und schicksalhafte Weichenstellung bevorsteht. Man möchte dem Zwang zur Entscheidung ausweichen oder sie aufschieben. Aber anders als bei in- nenpolitischen Entscheidungen (zum Beispiel vier Volksabstimmungen seit 1945 über die Erhöhung der Zahl der Landtagsabgeordneten) ist die Gelegenheit jetzt da, und geht. Die Lager werfen sich gegenseitig vor, Einzelinteressen zu vertre- ten. Ich glaube, wir sollten einander zugestehen, dass alle das Beste für unser Land wollen: etwa die Vereinigung «Pro Liechtenstein» mit ihrem Nein zu EWR und Zollvertragsanpassung. Wir sollten aber das Gleiche auch der Regierung und dem Landtag und anderen zugestehen, dass 167
	        

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