Wrba und Rheinberger über den Brenner und Bozen nach Verona,
Padua und weiter nach Venedig, wo der erste längere Aufenthalt
vorgesehen war. Für vier Wochen weilten die beiden in Venedig
und waren von der Anzahl der Kunstwerke schier überwältigt.
Nicht anders erging es ihnen in Florenz. Von hier aus schrieb
Rheinberger nach Hause: «Es sind allerdings zwei Monate für diese
prächtige Stadt mit ihrem ungeheuren Reichthum von Kunst-
schätzen eine sehr kurze Zeit. Ich schied höchst ungern von Flo-
renz um noch in Oberitalien die Städte Pistoja, Lucca, Pissa, Sienna
und Gigmignano zu besuchen.»
Erst Mitte Juli 1897 gelangten sie nach Neapel, wo sie für weitere
vier Wochen das «fremde» Leben und Treiben der Stadt kennen-
lernen wollten und später dazu bemerkten, dass die Menschen mit
«ihrem bewegten und ungenirten Straßenleben, fortwährend an
antike Szenen und Bilder erinnerten». Selbstverständlich durfte
die Besichtigung der erst nach der Mitte des 18. Jahrhunderts
begonnenen Ausgrabungen von Pompeji und Herkulaneum nicht
fehlen. Da in Neapel die Malaria grassierte, entschieden sie sich,
ihre Reise per Schiff nach Palermo fortzusetzen. Mit Palermo und
Girgenti erreichten sie den südlichsten Punkt ihres Italienaufent-
haltes. Im Bericht an den Fürsten notiert Rheinberger zu Sizilien:
«Kolossale Baureste und sehr schöne und gut erhaltene grie-
chische Tempel zeugen noch von Siziliens Größe und Reichthum.»
Sizilien war erst im 18. Jahrhundert, vor allem aufgrund der
Beschreibungen des Barons von Riedesel (1771), zu einem attrak-
tiven Ziel avanciert. Dort bestand die Möglichkeit, sich mit Bau-
denkmälern verschiedenster Epochen auseinanderzusetzen und
seiner Kunstbetrachtung sowie dem Verständnis der Alten und
Mittleren Geschichte neue Perspektiven zu eröffnen.
Nachdem Egon Rheinberger und Georg Wrba Sizilien verlassen
hatten, entschlossen sie sich zu einem mehrtägigen Aufenthalt auf
Capri und in Paestum. Ende August waren sie zurück in Rom, wo
sich die Begeisterung Rheinbergers für die Stadt am Tiber sehr in
Grenzen hielt, wie im Bericht an den Fürsten nachzulesen ist:
«Bereits nach einem Aufenthalt von 10 Wochen habe ich alles
Interessante gesehen. Zwar machen die Werke Michelangelos und
Raffaels einiges wieder gut, nichts desto trotz kann Rom einem
Vergleich mit Florenz nicht standhalten.»
Wieder auf dem Heimweg verbrachten sie noch einige Tage in
Orvieto, Perugia, Assisi und Ancona. Den letzten Zwischenstopp
3.4.
Adeisen bildet - Wanderjahre
Karte mit eingezeich-
neter Route Egon
Rheinbergers
Italienreise.