Volltext: Egon Rheinberger (1870-1936) Zeitenwanderer

fen. Dieses weist typische Elemente des Jugendstils auf, wie bei- 
spielsweise florale Ornamente am linken Bildrand. Rheinberger 
dürfte den Jugendstil aber schon während seiner Studienzeit ken- 
nengelernt haben. Für diese Annahme spricht die Tatsache, dass 
Dr. Paul Friedrich Krell, sein Professor für Kunstgeschichte- und 
Stillehre, ein Verfechter der neuen Bewegung war. Dieser ver- 
suchte bereits in den 1890er-Jahren, dem Jugendstil näherste- 
hende Lehrformen einzuführen. Das Studium der natürlichen 
Pflanzen sollte Ausgangspunkt jeglicher kunstgewerblichen Tätig- 
keit sein und dem Studium historischer Pflanzenornamente vor- 
gezogen werden. Ein anderer Professor der Kunstgewerbeschule, 
Richard Riemerschmid, war mit seinen Möbeln und Raument- 
würfen Anhänger des Jugendstils. Dass Rheinberger offenbar aktiv 
die avantgardistische Entwicklung des Jugendstils mitverfolgt hat, 
belegen zum einen die von ihm erworbenen und noch vorhande 
nen Ausgaben der Zeitschrift Jugend und zum anderen das von 
ihm gestaltete Titelblatt. Die Beschäftigung mit dem Jugendstil] 
attestiert ihm ein breit gefächertes Interesse an den verschiedens- 
ten Kunstströmungen. Längerfristig tat dies jedoch seiner grossen 
Begeisterung für das Mittelalter keinen Abbruch. 
Egon Rheinberger lebte und studierte zehn Jahre lang in Mün- 
chen. Mit Unterstützung seiner Tante Fanny Rheinberger sowie 
durch seine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule und an der 
Akademie der Bildenden Künste erhielt er Zutritt zu den kulturel- 
len Kreisen der Stadt. Davon zeugt zum Beispiel seine rege Betei 
ligung an den Aktivitäten des Albrecht-Dürer-Vereins (ADV) in 
München seit seinem Beitritt im Oktober 1888. 
[m Allgemeinen wurden die Kunstvereine - so auch der Dürer- 
Verein - zu Beginn bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts von Bürgern 
gegründet. Sie waren Ausdruck bürgerlicher Emanzipationsbe- 
strebungen und bildeten einen Gegenpol zu den Museen, die vor- 
wiegend Kunst sammelten, sowie zu den Galerien, die im Kunst- 
handel tätig waren. Als gemeinnützige Institutionen bestand das 
Ziel der Kunstvereine ausschliesslich in der Förderung und Ver- 
mittlung von Gegenwartskunst. Finanziert wurden sie durch Mit- 
gliederbeiträge und einzelne Sponsoren. Ausserdem organisierten 
sie zu diesem Zweck Vorträge, Reisen, Führungen usw. 
Aus dem Umfeld des Dürer-Vereins in München erhielt Rheinber- 
ger den Auftrag, eine Einladungskarte für die Weihnachtsveran- 
staltung zu entwerfen. Die dem Historismus verpflichtete Karte, 
+ 
Kunsthauptstadt München — Lehrjanre 
Entwurf des Titelblatts 
für die Zeitschrift 
Jugend 
Seit 1888 war Rhein- 
berger Mitglied des 
Albrecht-Dürer- 
Vereins in München. 
Er entwarf diese 
Einladungskarte. 
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