Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Rechtsverhältnisse aus sachlich gerechtfertigten Gründen verfügt, stehen [mit] dem Gleichheitsgrundsatz nicht im Widerspruch.»33 Diese Ausgangsformel weist in inhaltlicher Hinsicht zwei bedeutende Aspekte auf. Zum einen legt sie in den ersten zwei Sätzen ein (absolutes) Verbot der unterschiedlichen Regelungen für gleiche Sachverhalte fest. Gleiches muss gleich behandelt werden. Die Staatsbürger sind gleich zu behandeln, der soziale Status einer Person darf nicht zu einer unter- schiedlichen Behandlung durch das Gesetz führen. Zum anderen schränkt diese Formel das Gebot der gleichen Be- handlung gleicher Sachverhalte dahingehend ein, dass Differenzierungen aus sachlich gerechtfertigten Gründen durch den Gesetzgeber zulässig sind. Der Staatsgerichtshof interpretiert dieses Kriterium restriktiv und ohne es im Einzelfall ausführlich zu erörtern.34Nur selten verneint er die 80Gleichheitsgrundsatz 
und Willkürverbot in der Rechtsetzung 33Gutachten des Staatsgerichtshofes vom 15. Juli 1952, ELG 1947-54, S. 161 (163 f.). Siehe auch die weitgehend wortgleiche Formulierung des Staatsgerichtshofes – al- lerdings unter Weglassung des zweiten Teiles des dritten Satzes – im Gutachten vom 1. September 1958. Es heisst dort in Bezug auf die Notwendigkeit von sachlichen Differenzierungen: «Dieses Verbot der ungleichmässigen Behandlung der Landes- bürger durch die Gesetzgebung bezieht sich jedoch nur auf sachlich nicht gerecht- fertigte, willkürliche Differenzierungen, Differenzierungen, die ein Gesetz bei Re- gelung objektiver Rechtsverhältnisse aus sachlich gerechtfertigten Gründen verfügt, stehen nicht im Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz.» Gutachten des Staatsge- richtshofes vom 1. September 1958, ELG 1955–61, S. 129 (131). Siehe ferner die er- heblich kürzere Definition zum Gleichheitssatz im Gutachten vom 11. August 1960. Der Staatsgerichtshof meint nur lapidar, Gleiches müsse gleich behandelt wer- den und «Naturgegebene Unterschiede können auch durch diesen Verfassungs- grundsatz nicht ausgeglichen werden und ungleiches [sic] kann nicht gleichgemacht werden. Der Gleichheitsgrundsatz findet seine Grenze bei sachlichen Unterschie- den.» Gutachten des Staatsgerichtshofes vom 11. August 1960, ELG 1955–61, S. 177. ). Siehe ferner erheblich später StGH 1978/6, Entscheidung vom 11. Okto- ber 1978, LES1981, S. 3 (4), wo es ebenfalls nur heisst, die Gleichheit vor dem Ge- setz werde dann verletzt, wenn Gleiches ungleich behandelt werde. 34Vgl. Gutachten des Staatsgerichtshofes vom 27. März 1957, ELG 1955–61, S. 118 (119). Wenn das Genossenschaftsgesetz einen bestimmten Berufsstand abweichend von anderen Berufständen behandle, so sei dies aus sachlichen Gründen gerechtfer- tigt, daher kein Eingriff in den Verfassungsgrundsatz der Gleichheit aller Landes- bürger vor dem Gesetz. Siehe auch Höfling, Grundrechtsordnung, S. 206 Fn 12. Siehe ferner die – allerdings wenig überzeugenden – Ausführungen des Staatsge- richtshofes zur Untrennbarkeit der Katholikenehe gem. §§ 111, 115 ABGB. Die Gleichheit werde nicht verletzt, weil das Gesetz für alle Bürger in gleicher Lage an-
	        

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