Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

durch internationale Übereinkommen garantierten Rechten, für die der Gesetzgeber ein Individualbeschwerderecht ausdrücklich anerkannt hat.64Die Fachgerichte haben dagegen die Aufgabe, den Sachverhalt zu ermitteln und das einfache Recht auszulegen und anzuwenden.65Diese Aufgabenabgrenzung ist allerdings nur scheinbar eindeutig und klar. Denn die Fachgerichte sind auch an die Verfassung gebunden und haben bei der Anwendung einfachgesetzlicher Regelungen die Grundrechte zu beachten.66Mit anderen Worten gesagt, der Grundrechtsschutz erfolgt vorrangig durch die Fachgerichte.67 Deshalb kommt die Individualbeschwerde nach Art. 15 Abs. 1 StGHG gegenüber den ordentlichen Rechtsmitteln nur subsidiär zur Anwendung. Das heisst, die Individualbeschwerde ist «ein ausseror- 444Besonderheiten 
der Willkür beschwerde als Individualbeschwerde wendet. «Mit dem Begriff ‹Kognition› werden Umfang und Intensität der Überprü- fung einer Beschwerde durch das Bundesgericht bezeichnet.» (Häfelin/Haller, Rz 2036). Vgl. ausführlich dazu Gygi, Prüfung, S. 191 ff. 64Vgl. Art. 15 Abs. 1 und 2 StGHG iVm Art 104 LV. Vgl. dazu ausführlich S. 427 ff. 65Vgl. Wille H., Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 54 f. 66Allerdings ist dieser Grundsatz explizit nur für die Verwaltung in Art. 92 Abs. 4 LV festgelegt. Dieser lautet: «Die gesamte Landesverwaltung überhaupt hat sich inner- halb der Schranken der Verfassung, der Gesetze und staatsvertraglichen Regelungen zu bewegen, auch in jenen Angelegenheiten, in welchen das Gesetz der Verwaltung ein freies Ermessen einräumt, sind die demselben durch die Gesetze gezogenen Grenzen streng zu beobachten.» Aber aufgrund des Rechtsstaatsprinzips muss gel- ten, dass die Fachgerichte auch an die Grundrechte gebunden sind. Zum Rechts- staatsprinzip in der liechtensteinischen Rechtsordnung siehe S. 334. In einer schö- nen Formulierung garantiert das deutsche Grundgesetz das Rechtsstaatsprinzip. Art. 20 Abs. 3 GG lautet: «Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmässige Ord- nung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.» Erst diese Bindung der Gerichte an die Verfassung und die einfachen Gesetze rechtfertigt auch die Unabhängigkeit der Richter. Vgl. dazu Rüthers, S.2759ff. Zum Rechtsstaatsprinzip in der deutschen Rechtsordnung siehe Sachs, Art. 20, Rz 74 ff. Zum unabhängigen und unparteiischen Richter im liechtensteini- schen Recht siehe Batliner, Verfassungsstaat, S. 110 ff. 67Vgl. Wille T., S. 50 f. Für Deutschland siehe Korioth, S. 60. Es besteht also eine «Aufgabenparallelität» zwischen den Fachgerichten und dem Staatsgerichtshof. Vgl. zu diesem Begriff Schlaich/Korioth, Rz 285. Vgl. für Liechtenstein auch Wille H., Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 48; Höfling, Verfassungsbeschwerde, S. 130 f. Im Übrigen gilt, dass der Staatsgerichtshof – wie jedes andere Gericht – neben der Ver- fassung ebenso an die verfassungsmässigen Gesetze gebunden ist. Dies ergibt sich schon aus dem Rechtsstaatsprinzip. Vgl. dazu S. 334. Vgl. auch Wille T., S. 58 f. Für Deutschland siehe Schlaich, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 122.
	        

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