Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Der Staatsgerichtshof nimmt an, dass Entscheidungen des Beru- fungsgerichts, die in irgendeiner Form der Revision unterliegen, nicht als «enderledigend und letztinstanzlich» anzusehen sind.35Deshalb können solche Entscheidungen nicht mittels Individualbeschwerde beim Staats- gerichtshof angefochten werden, sondern die Individualbeschwerde ist erst gegen die Entscheidung des Revisionsgerichts zulässig. Der Staats- gerichtshof kann dann allerdings nicht auf Beschwerdeausführungen eingehen, die ein gegenüber der Revision erweitertes Vorbringen betref- fen. Das heisst, dass insbesondere willkürliche Sachverhaltsermittlungen und willkürliche Beweiserhebungen der Vorinstanzen mit einer Indivi- dualbeschwerde nicht bekämpft werden können. Das führt zum merkwürdigen Ergebnis, dass bei Entscheidungen des Obergerichts, die teilweise der Revision nicht zugänglich sind (Ba- gatellsachen36und Konformentscheidungen37), partiell ein weitergehen- der Rechtsschutz besteht als bei Entscheidungen, die mittels Revision bekämpft werden können. Dieses Ergebnis spricht gegen sich selbst und es stellt sich die Frage, ob das Kriterium «enderledigend» nicht verfas- sungswidrig ist. Der Staatsgerichtshof hat diese Frage in StGH 2006/14 aufgeworfen und dazu festgehalten: «Zwar könnte auch die Frage aufgeworfen werden, ob diese zu- sätzliche Beschwerdelegitimationsvoraussetzung nicht generell verfassungswidrig sei. Doch ist dies nach Auffassung des Staatsge- richtshofes gerade im Lichte des insoweit allein anwendbaren Will- kürverbots nicht der Fall. Es erscheint nämlich vertretbar, dass der Gesetzgeber die Legitimationsvoraussetzungen für die Verfas- sungsbeschwerde – insbesondere in Anbetracht der sich in den letzten Jahren zeigenden Tendenz einer extensiven Inanspruch - 434Besonderheiten 
der Willkür beschwerde als Individualbeschwerde verhaltsermittlung und Beweiswürdigung nur als Aktenwidrigkeit beim Obersten Gerichtshof gerügt werden kann (vgl. § 234 Z. 3 StPO). 35Die Rechtsprechung ist diesbezüglich aber noch schwankend. Vgl. dazu Wille T., S. 574 ff. 36Vgl. § 471 Abs. 2 ZPO, wo es heisst: «In Bagatellsachen ist gegen die Entscheidung des Appellationsgerichtes ein weiterer Rechtszug unzulässig.» 37Vgl. dazu § 235 Abs. 1 StPO, der lautet: «Die Entscheidung des Obergerichtes, wo- durch das erstrichterliche Urteil bestätigt wird, ist endgültig, soweit nicht eine Frei- heitsstrafe von über einem Jahr ausgesprochen worden ist.» Vgl. auch § 235 Abs. 2 und Abs. 3 StPO.
	        

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