Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

I. ALLGEMEINES Die grundsätzliche Einteilung des Zivilprozesses in ein (formelles) Zulässigkeits- und ein (inhaltliches) Begründetheitsstadium gilt auch für das Verfassungsprozessrecht. Wenn mit einer Individualbeschwerde nach Art. 15 StGHG die Verletzung von verfassungsmässig gewährleis - teten Rechten (zum Beispiel das Willkürverbot) geltend gemacht wird, muss der Staatsgerichtshof zunächst prüfen, ob die Sachentscheidungs- voraussetzungen vorliegen. Sind die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht gegeben, so ist die Individualbeschwerde mit Beschluss als un- zulässig zurückzuweisen.1In der Rechtsprechung des Staatsgerichtsho- fes ist es aber öfter anzutreffen, dass dieser das Vorliegen von Sachent- scheidungsvoraussetzungen offen lässt und trotzdem materiell auf eine Begründetheitsprüfung (zum Beispiel Willkürprüfung) einsteigt.2Gele- gentlich argumentiert der Staatsgerichtshof sogar, er könne die prozes- sualen Voraussetzungen (Sachentscheidungsvoraussetzungen), deren Vorliegen im betreffenden Beschwerdefall zweifelhaft seien, ungeklärt lassen, da eine Individualbeschwerde materiell-rechtlich «offensichtlich» unbegründet sei.3425 1Vgl. zu den einzelnen Sachentscheidungsvoraussetzungen Höfling, Verfassungsbe- schwerde, S. 75 ff. Siehe auch Wille T., S. 458 ff. und S. 530 ff. Zur Doppelfunktio- nalität der Verfassungsbeschwerde siehe Höfling Wolfram, Die Verfassungsbe- schwerde als objektives und subjektives Rechtsschutzinstitut, in: Wille Herbert (Hrsg.), Verfassungsgerichtsbarkeit im Fürstentum Liechtenstein. 75 Jahre Staatsge- richtshof, LPS 32, Vaduz 2001, S.138 ff. 2Vgl. dazu Wille T., S. 449 ff.; Höfling, Verfassungsbeschwerde, S. 75 f. jeweils mit Rechtsprechungshinweisen. 3Vgl. etwa StGH 1995/12, Urteil vom 31. Oktober 1995, LES 1996, S. 55 (58), wo der Staatsgerichtshof erklärt, es frage sich, ob die Beschwerde nicht als rechtsmiss - bräuchlich zu werten sei. Tatsächlich stehe die Beschwerdeführung durch die Be- schwerdeführerin in mehrfacher Hinsicht im Widerspruch zu ihrem früheren Ver- halten. Doch könne diese Frage einer allfälligen rechtsmissbräuchlichen Beschwer- deführung hier offen gelassen werden, da auch die von der Beschwerdeführerin gerügten Verfassungsverletzungen nicht vorliegen würden. Siehe ferner: StGH 1995/30, Urteil vom 30. August 1996, LES 1997, S. 159 (161), wo der Staatsgerichts- hof die Frage aufwirft, ob die Beschwerdeführerin durch die gegenständliche Regie- rungsentscheidung überhaupt noch beschwert sei (im Sinne des aktuellen Rechts- schutzinteresses). Der Staatsgerichtshof meint, diese Frage könne offengelassen werden, da die Beschwerde in jedem Fall abzuweisen wäre. Vgl. ferner: StGH 2002/
	        

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