Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

auch einen engen Bezug zur Menschenwürde auf.86Im Gegensatz dazu handelt es sich beim Willkürverbot um ein umfassendes Auffanggrund- recht, das nicht auf einen bestimmten Lebenssachverhalt zugeschnitten ist und für die gesamte Rechtsordnung einen Minimalstandard an Recht und Gerechtigkeit garantiert. Ungeklärt ist, welcher Anwendungsbereich für das «beschränkte Auffanggrundrecht» der persönlichen Freiheit bleibt, nachdem der Staatsgerichtshof dazu übergegangen ist, 
»für den Einzelnen fundamen- tale, im Verfassungstext nicht erwähnte Rechtsschutzbedürfnisse direkt als ungeschriebene Grundrechte»anzuerkennen. So hat er beispielsweise auch ein ungeschriebenes Grundrecht auf Existenzsicherung aner- kannt.87Meines Erachtens hätte er die Existenzsicherung auch als «ele- mentare Erscheinungsform der Persönlichkeitsentfaltung» ansehen und unter die persönliche Freiheit subsumieren können. Der Staatsgerichts- hof erwähnt diese Möglichkeit aber mit keinem Wort. Noch offen ist darüber hinaus die Abgrenzung der Schutzbereiche der persönlichen Freiheit und der Garantie der Menschenwürde (Art. 27 bis).88 400Willkürverbot 
im Verhältnis zu anderen Grundrechten 86Vgl. auch Hangartner, Grundzüge Band II, S. 95. 87Vgl. dazu S. 356 ff. 88Nach Art. 27 bis Abs. 1 ist die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Der Grundsatz der Menschenwürde ist systemwidrig durch ein Verfassungsgesetz in den Grundrechtsteil der Landesverfassung eingefügt worden (Verfassungsgesetz vom 27. November 2005 über die Abänderung der Verfassung vom 5. Oktober 1921 (Menschenwürde und Recht auf Leben), LGBl 2005, Nr. 267). Der Verfassungsge- ber scheint bei der Menschenwürde mehrheitlich von einem Grundrecht ausgegan- gen zu sein. Vgl. Landtagsprotokoll vom 21. September 2005, LTP 2005/3, S. 846 ff. Vgl. aber die Wortmeldung der Abgeordneten Renate Wohlwend, die festhält: «Meine persönliche Ansicht ist, dass die Menschenwürde nicht den Grundrechten als solchen gleichgestellt werden kann. Die Menschenwürde ist nach meiner Wer- teskala der höchste Wert des Menschen als Individuum und einer zivilisierten menschlichen Gesellschaft. Die Menschenwürde steht über allem. Wenn diese nicht respektiert wird, erübrigt sich jegliche Diskussion über Menschenrechte und Grundfreiheiten.» Renate Wohlwend in: Landtagsprotokoll vom 21. September 2005, LTP 2005/3, S. 859. Meines Erachtens handelt es sich bei der Menschenwürde nicht um ein verfassungsmässig gewährleistetes Recht (Grundrecht), vielmehr sind die bestehenden Grundrechte Ausdruck des zugrunde liegenden Grundsatzes der Menschenwürde. Mit anderen Worten gesagt, die Grundrechte konkretisieren den Grundsatz der Menschenwürde. Die Menschenwürde ist daher richtigerweise als eine «Präambel für den Grundrechtsteil» (Kley, Grundrechtskatalog, S. 326) anzu- sehen. Vgl. zu alldem auch Kley, Grundrechtskatalog, S. 323 ff. Zur Diskussion in
	        

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