Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Rechtsquelle des ungeschriebenen Verfassungsrechts betrachtet oder es wird gesagt, das ungeschriebene Verfassungsrecht stelle eine selbständige Rechtsquelle sui generis dar. Auch das «mitgesetzte Verfassungsrecht» wird zu den Rechtsquellen des ungeschriebenen Verfassungsrechts ge- zählt, ebenso wie das Gewohnheitsrecht, insoweit es Verfassungsrang besitzt. 2. Die Entscheidung StGH 1970/2 aus dem Jahre 1971 bildet den Aus- gangspunkt der Diskussion über die Möglichkeit von ungeschriebenem Verfassungsrecht in der liechtensteinischen Rechtsordnung. Der Staats- gerichtshof hatte in jener Entscheidung festgehalten, dass in der liech- tensteinischen Rechtsordnung ungeschriebenes Verfassungsrecht nicht anerkannt werde. Die liechtensteinische Lehre hat diese These unkritisch übernommen. Dies ist vor dem Hintergrund des in jener Zeit vorherr- schenden strengen rechtspositivistischen (gesetzespositivistischen) Den- kens verständlich. Zu Beginn der aschtziger Jahre hat der Staatsgerichtshof den stren- gen Rechtspositivismus allmählich aufgegeben und sich einem aufge- klärten, wertorientierten Interpretationspositivismus zugewandt. So hat er auch in «schöpferischer» Rechtsprechung neue Grundrechtspositio- nen entwickelt und diese «Konkretisierungen» gegenüber den ursprüng- lichen, geschriebenen Verfassungsbestimmungen verselbständigt. Gleichzeitig hat auch die liechtensteinische Lehre den strengen Rechts- positivismus (Gesetzespositivismus) der jüngeren Vergangenheit aufge- geben. 3. Einen Paradigmenwechsel zur Frage der Existenz von ungeschriebe- nem Verfassungsrecht – jedenfalls in Form von ungeschriebenen Grund- rechten – vollzog der Staatsgerichtshof mit dem Grundsatzurteil StGH 1998/45, indem er in dieser Entscheidung die Möglichkeit von unge- schriebenen Grundrechten für die liechtensteinische Rechtsordnung be- jaht und «dem Willkürverbot den Status eines solchen ungeschriebenen Grundrechts»160zuerkannt hat. In der liechtensteinischen Lehre ist diese dogmatische Neuausrichtung mehrheitlich begrüsst worden. 370Willkürverbot 
als ungeschriebenes Grundrecht 160StGH 1998/45, Urteil vom 22. Februar 1999, LES 2000, S. 1 (6).
	        

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