Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Das Verbot des überspitzten Formalismus ist richtigerweise als Teilgehalt der formellen Rechtsverweigerung zu qualifizieren.140Es weist zudem alle Voraussetzungen auf, die nach der Rechtsprechung des Staatsgerichtshofes für die Anerkennung als ein ungeschriebenes Grun- drecht vorliegen müssen.141 c)Verbot der Rechtsverzögerung Das Verbot der Rechtsverzögerung wird verletzt, wenn das Gericht ein Verfahren über Gebühr verschleppt und damit dem Betroffenen seine materiellen Rechte abschneidet.142Die angemessene Dauer eines Verfah- rens beurteilt sich nach der Natur der zu behandelnden Sache sowie der Gesamtheit der übrigen Umstände.143 Die grundrechtsdogmatische Einordnung der Rechtsverzögerung ist nicht eindeutig geklärt. Der Staatsgerichtshof verortet das Verbot der 364Willkürverbot 
als ungeschriebenes Grundrecht Fall in unhaltbarer Weise und damit willkürlich beurteilt worden ist. Materielle Rechtsverweigerung ist somit nach ständiger Rechtsprechung des Staatsgerichtsho- fes identisch mit Willkür […]. Da es sich [..] weder beim Verbot des überspitzten For- malismus noch beim Verbot der materiellen [sic!] Rechtsverweigerung um ein eigen- ständiges Grundrecht handelt, sondern diese Grundsätze vielmehr als Teilgehalt des Willkürverbotes behandelt werden, kann der Staatsgerichtshof die Frage einer allfäl- ligen Verletzung dieser Grundsätze nur unter Anwendung des groben Willkürrasters untersuchen.» StGH 2005/2, Urteil vom 27. September 2005, S. 19. 140Vgl. dazu schon S. 212 f. 141Vgl. dazu die Ausführungen im Hinblick auf das Verbot der formellen Rechtsver- weigerung. Vgl. auch die problematische Entscheidung StGH 2005/37, wo der Staatsgerichtshof ausführt: «Der Staatsgerichtshof anerkennt das Verbot des über- spitzten Formalismus als ungeschriebenes oder abgeleitetes Verfassungsprinzip […]. In einer neueren Entscheidung […] hielt der Staatsgerichtshof aber fest, dass das Verbot des überspitzten Formalismus als Ausprägung des Willkürverbotes anzuse- hen ist. Unabhängig davon, woher das Verbot des überspitzten Formalismus abge- leitet wird, stellt es jedenfalls seit der Entscheidung StGH 1998/45 ein ungeschrie- benes Grundrecht dar.» StGH 2005/37, Entscheidung vom 1. September 2006, S. 21, publiziert im Internet. Die Entscheidung ist einmalig geblieben, es ist hier mit Nach- druck darauf hinzuweisen, dass das Verbot des überspitzten Formalismus kein un- geschriebenes Grundrecht ist. 142Vgl. OGH B 3. Oktober 2002, 2 Pg 2002.24, LES 2003, S. 215 (217). 143Vgl. OGH B 3. Oktober 2002, 2 Pg 2002.24, LES 2003, S. 215 (217); vergleiche auch StGH 1997/30, Entscheidung vom 13. Dezember 1999, LES 2002, S. 124 (126). Zum Verbot der Rechtsverzögerung vergleiche Kley, Grundriss, S. 249 f.; Höfling, Grundrechtsordnung, S. 244; Hoch, Verfahrensgarantien, S. 115.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.