Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

terlichen Rechtsprechung in dieser Frage hätte umfassende dogmatische Erwägungen erfordert, insbesondere hätte der Staatsgerichtshof ausge- hend von der geltenden Verfassungslage die Möglichkeit von unge- schriebenem Verfassungsrecht in der liechtensteinischen Rechtsordnung thematisieren sollen.102 b)Rechtsquelle für das Willkürverbot Der Staatsgerichtshof bezeichnet in der Entscheidung StGH 1998/45 das Willkürverbot als 
»unzweifelhaft zum unverzichtbaren Grundbestand des Rechtsstaates»zugehörig und erkennt ihm den Status eines unge- schriebenen Grundrechts zu. Er lässt es aber offen, welcher Geltungs- grund dafür vorliegt. Denkbar ist es, das Willkürverbot als objektives Rechtsprinzip im formellen Rechtsstaatsprinzip mitgesetzt anzusehen. Allerdings könnte diese Sichtweise nur einen objektiven Rechtsgrund- satz erklären. Ein justiziables Grundrecht in diesem weiten Umfang wäre daraus nicht zu gewinnen. Eine andere mögliche Rechtsquelle könnte das Verfassungsgewohnheitsrecht sein. Das Willkürverbot wird vom Staatsgerichtshof in langer ständiger Rechtsprechung angewendet (consuetudo)103und besitzt in einem Rechtsstaat unbestritten Geltung 348Willkürverbot 
als ungeschriebenes Grundrecht 102In der Verfassungsurkunde findet sich keine Norm, die die Möglichkeit von unge- schriebenem Verfassungsrecht ausdrücklich ausschliesst oder explizit zulässt. Des- halb ist aus der Verfassung zur Möglichkeit von ungeschriebenem Verfassungsrecht zunächst nichts zu gewinnen. Zudem gilt das Paradoxon, dass «jener Regel des ge- schriebenen Rechts, die das Gewohnheitsrecht als Rechtsquelle ausschliesst, durch entgegenstehendes Gewohnheitsrecht derogiert werden könnte.» (Adamovich/ Funk, Verwaltungsrecht, S. 251.) Der Staatsgerichtshof hat mit der Entscheidung StGH 1998/45 – Willkürverbot – zum ersten Mal ausdrücklich ungeschriebenes Ver- fassungsrecht anerkannt. Die Volksabstimmung vom März 2003 brachte eine um- fassende Verfassungsänderung. Dabei wurde das ungeschriebene Grundrecht Will- kürverbot allerdings nicht in den Grundrechtskatalog aufgenommen. Richtiger- weise kann dies nicht als beredtes Schweigendes Verfassungsgesetzgebers gewertet werden, wonach das Willkürverbot nun kein verfassungsmässig gewährleistetes Recht darstellt, denn die Verfassungsrevision betraf vor allem den organisations- rechtlichen Bereich. Im IV. Hauptstück, das die Grundrechte regelt (Art. 28ff.) wurde nichts geändert. 103Vgl. schon die Entscheidung vom 15. Juli 1952, ELG 1947–1954, S.259(263f.). Siehe auch StGH 1961/1, Entscheidung vom 12. Juni 1961, S. 4 ff. (9), n. p., wo der
	        

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