Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Beim Erfordernis der Beschwer/des aktuellen Rechtsschutzinteresses als Legitimationsvoraussetzung für die Verfassungsbeschwerde handelt es sich unstreitig um einen ungeschriebenen Rechtssatz. Der Staatsge- richtshof gewinnt diesen «Rechtsgrundsatz» durch Analogieschluss aus einfachgesetzlichen Bestimmungen. Der Rechtsgrundsatz steht meines Erachtens aber nur auf Gesetzesstufe, es kommt ihm also keine Verfas- sungsqualität zu. In StGH 1997/23 hält der Staatsgerichtshof im Hinblick auf den Grundsatz «in dubio pro reo» fest: «Zwar haben die Strafgerichte den 
ungeschriebenen Beweisgrund- satz‹in dubio pro reo› zu beachten […]. Doch ist dieser Grundsatz nicht als Teilgehalt aus einem bestimmten Grundrecht der Landes- verfassung abzuleiten, so dass dessen Einhaltung vom StGH [Staatsgerichtshof] in der Regel ebenfalls 
nur auf Willkür hinzu überprüfen ist.28 Der Staatsgerichtshof spricht hier vom «ungeschriebenen Beweisgrund- satz». Offensichtlich geht es dabei aber nicht um einen ungeschriebenen Verfassungsgrundsatz, da der Staatsgerichtshof den Grundsatz «in dubio pro reo» «in aller Regel» nur auf Willkür überprüft. Bei einem unge- schriebenen Verfassungsgrundsatz würde dagegen jede (auch leichte) Verletzung bereits eine Verfassungsverletzung darstellen. Mit dem ein- schränkenden Begriff «in aller Regel» hält sich der Staatsgerichtshof aber die Möglichkeit offen, im Einzelfall auch bei leichten Verstössen gegen den ungeschriebenen Beweisgrundsatz einzuschreiten. In StGH 1997/27 stellt der Staatsgerichtshof fest, dass der 
unge- schriebene Grundsatz der lex processualis foriauch für die liechtensteini- sche Rechtsordnung gelte.29Auch hier bestehen keine Anhaltspunkte, dass es sich um ungeschriebenes Verfassungsrecht handelt. Die lex pro- cessualis fori ist zwar ein ungeschriebener Rechtssatz aber kein Verfas- sungsrechtssatz. 322Willkürverbot 
als ungeschriebenes Grundrecht 28StGH 1997/23, Urteil vom 29. Januar 1998, LES 1998, S. 283 (286). Siehe auch StGH 1998/29, Urteil vom 3.September 1998, LES 1999, S. 276 (281). 29Vgl. StGH 1997/27, Urteil vom 18. November 1997, LES 1999, S. 11 (15) mit Hin- weis auf Keller Max/Siehr Kurt, Allgemeine Lehren des internationalen Privat- rechts, Zürich 1986, S. 586 ff.
	        

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