Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Eine 
strenge Gleichheitsbindungdes Gesetzgebers gilt darüber hin- aus auch für die 
mittelbare Ungleichbehandlung von Personengruppen und wenn die 
Ausübung von grundrechtlich geschützten Freiheitenbe- troffen ist.141 Bei lediglich 
verhaltensbezogenen Unterscheidungenbesteht eben- falls eine 
abgestufte Bindung des Gesetzgebers. Das Mass der Gleich- heitsbindung des Gesetzgebers hängt hier insbesondere davon ab, inwie- weit die Betroffenen in der Lage sind, durch ihr Verhalten die Verwirk - lichung der Merkmale zu beeinflussen, nach denen unterschieden wird.142 Das Bundesverfassungsgericht gibt mit der Entscheidung vom 26 Januar 1993 die strikte Unterscheidung zwischen einer Differenzie- rung nach Personengruppen beziehungsweise nach Sachverhalten auf.143 Der Gesetzgeber hat je nach Sachbereich und Regelungsgegenstand ei- nen unterschiedlich weiten Gestaltungsspielraum. Die Bindung des Ge- setzgebers entspricht einer gleitenden Skala. Sie reicht von der schwäch- sten Form bei verhaltensbezogenen Unterscheidungen der Bindung an das Willkürverbot/Evidenzformel bis hin zu einer sehr engen Bindung, wenn sich die Ungleichbehandlung an die Diskriminierungsverbote (= Anknüpfungsverbote) des Art. 3 Abs. 3 GG annähern.144 294Aktuelle 
Interpretation des Gleichheitssatzes und des Willkürverbots die durch die freie Grundrechtsausübung garantiert werden. Die Diskriminie- rungstatbestände bewirken die generelle Unzulässigkeit einer Ungleichbehandlung anhand eines dieser Merkmale. Die herrschende deutsche Lehre versteht die Dis- kriminierungstatbestände als (absolute) Anknüpfungsverbote. Dieses Verständnis der Diskriminierungsverbote rechtfertigt sich insbesondere auch aufgrund des Wortlauts des Art.3Abs. 3 GG. Differenzierter äussert sich dagegen Osterloh, Art. 3, Rz239ff. Zu den Diskriminierungsverboten siehe etwa Sachs, Verfassungsrecht, S. 237 ff., Rz72 ff.; Osterloh, Art. 3, Rz 222 ff.; Kokott, S. 146 ff. und S. 156 ff. 141Bei der Beurteilung Zulässigkeit von Differenzierungen mit grundrechtsrelevanten Wirkungen fliesst unter anderem die Bedeutung des betroffenen Grundrechts, die Intensität der Grundrechtseinschränkung, die Reichweite der Differenzierung und ähnliches in die Beurteilung ein. Siehe dazu Sachs, Verfassungsrecht, S.221, Rz29. Vgl. zu alldem auch die Ausführungen bei Kokott, S. 136 ff.; Kallina, S.76f. und S.132f. 142Vgl. dazu auch Kallina, S. 78 f. 143Von der Lehre wurde kritisiert, dass die Unterscheidung, ob die Ungleichbehand- lung Personengruppen beziehungsweise Sachverhalte betreffe, nicht überzeugend sei, da hinter jeder sachlichen Differenzierung – auch im Hinblick auf die unter- schiedliche Regelung von Sachverhalten – schlussendlich eine Personengruppe stehe. Vgl. dazu Paehlke-Gärtner, Rz 63; Herzog, Art. 3 Anh., Rz 9; Osterloh, Art. 3, Rz 27 ff.; Heun,Art. 3, Rz 19 f. mit Literaturhinweisen. 144Vgl. dazu etwa auch Paehlke-Gärtner, Rz 65 ff; Heun, Art. 3, Rz 21 f.
	        

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