ungerecht ist.126Mit dieser Willkürformel hat das Bundesverfassungsge- richt das Problem der Wertungsoffenheit des allgemeinen Gleichheits- satzes funktionellrechtlich gelöst. Das Parlament entscheidet über die mit dem Gleichheitssatz zusammenhängenden Gerechtigkeitsfragen und das Bundesverfassungsgericht beschränkt sich darauf, Gesetze zu prü- fen, ob sie (geradezu) willkürlich sind.127 e)Kein vergleichsunabhängiges Willkürverbot Das Bundesverfassungsgericht versteht den Gleichheitssatz in der Recht- setzung als Willkürverbot in Bezug auf ein Vergleichen und Unterscheiden; ein vergleichsunabhängiges Willkürverbot – ausserhalb konkreter Un- gleichbehandlungen – wird von der deutschen Rechtsprechung und Lehre – auch nach heutigem Stand der Diskussion – dagegen nicht vertreten.128 f)Kritische Auseinadersetzung in der Lehre Die von Leibholz beeinflusste Willkürformel des Bundesverfassungsge- richts wurde von der Lehre vor allem in zweifacher Hinsicht kritisiert. Eine Lehrmeinung ging dahin, das Willkürverbot ermögliche dem Bun- desverfassungsgericht seine eigenen Wertentscheidungen anstelle derje- nigen des Gesetzgebers zu setzen. Die Begriffe «Gerechtigkeit» und «Natur der Sache» (Sachgerechtigkeit) seien nicht justiziabel.129Verein- zelt hiess es auch, das Willkürverbot bekomme mit der Verortung in 288Aktuelle
Interpretation des Gleichheitssatzes und des Willkürverbots 126Vgl. dazu auch Osterloh, Art. 3, Rz 8 ff. mit Rechtsprechungshinweisen. Siehe auch Krugmann, S. 127 ff. Michael Krugmann beurteilt den Gebrauch des Kriteriums der Evidenz durch das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit der Recht- sprechung zum allgemeinen Gleichheitssatz kritisch. 127Siehe dazu auch Osterloh, Gleichheitssatz, S. 309 f.; Osterloh, Art. 3, Rz 8 ff. mit Rechtsprechungsnachweisen. Siehe ferner: Kokott, S. 130; Robbers, S. 755. 128Anders dagegen in der Rechtsanwendung, wo das Bundesverfassungsgericht Ge- richtsentscheidungen auch im Hinblick auf ein vergleichsunabhängiges Willkürver- bot prüft. Vgl. dazu von Lindeiner, S. 42 f.; Dürig, Rz 305. Zum vergleichsunabhän- gigen Willkürverbot in der Rechtsprechung des Bundesgerichts siehe S. 258 ff. 129Vgl. von Lindeinder, S. 34 f. mit Literaturnachweisen; Osterloh, Gleichheitssatz, S.309ff.