Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Es ist davon auszugehen, dass eine ständige gesetzwidrige Praxis, die Grundrechte der Verfassung verletzt, keinen Anspruch auf «Gleich- behandlung im Unrecht» gewährt und die Grundrechte diesem Grund- satz in jedem Fall 
vorgehen.294 VIII. THESEN 1. Der Staatsgerichtshof verwendet bei der Willkürprüfung von «ender- ledigenden letztinstanzlichen» Entscheidungen eines Zivilgerichtes, Strafgerichtes, oder des Verwaltungsgerichtshofes zahlreiche verschie- dene wiederkehrende Prüfungsformeln (Ausgangsformeln). So hält er beispielsweise fest Willkür liege vor, wenn offensichtlich falsch entschie- den worden sei, wenn ein unmögliches, dem klaren Zwecke des Geset- zes widersprechendes denkunmögliches Ergebnis erzielt worden sei.295 Oder er sagt, eine behördliche Entscheidung sei willkürlich, wenn die Begründung im Ergebnis offensichtlich unhaltbar sei, mit der tatsächli- chen Situation in unverkennbarem Widerspruch stehe, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtssatz krass verletze oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufe.296Und in einer anderen For- 236Gleichheitsgrundsatz 
und Willkürverbot in der Rechtsanwendung 294Vgl. Kley, Grundriss, S. 210 mit Verweis auf StGH 1969/1, Urteil vom 13. Juli 1970, ELG 1967–1972, S.251(253). Die Entscheidung StGH 1969/1 ist meines Erachtens unklar und lässt den Schluss nicht zwingend zu, dass die Grundrechte gegenüber dem Grundsatz der «Gleichbehandlung im Unrecht» jedenfalls Vorrang haben. Der Staatsgerichtshof führt in dieser Entscheidung aus: «Wenn für die Vermögenssteuer- veranlagung auf einen in bezug [sic] auf den Verkehrswert irrealen Steuerschätzwert abgestellt wird und dies mit langjähriger Praxis begründet wird, so liegt eine unglei- che Behandlung derjenigen Verlassenschaften vor, die nur aus beweglichen Vermö- gen bestehen. Die langjährige Praxis contra legem kann eine gesetzliche Vorschrift nicht, wenigstens nicht im Abgabenrecht, ersetzen. Eine Gesetzeslücke kann es im Abgabenrecht nicht geben.» Nach dieser Formulierung wäre davon auszugehen, dass eine «Gleichbehandlung im Unrecht» – wie in Österreich oder Deutschland praktiziert –, generell ausgeschlossen ist, was aber der heutigen Praxis des Staatsge- richtshofes – wie oben gezeigt – nicht entspricht. Zudem ist zu bedenken, dass die Entscheidung StGH 1969/1 35 Jahre zurückliegt und daher meines Erachtens als überholt anzusehen ist. 295Vgl. StGH 1968/1, Entscheidung vom 12. Juni 1968, ELG 1967–72, S. 225 (229). Siehe dazu auch S. 144 f. 296Vgl. StGH 1986/9, Urteil vom 5. Mai 1987, LES 1987, S. 145 (148). Siehe dazu auch S. 152 f.
	        

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