Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

In der Entscheidung StGH 2003/33 äussert sich der Staatsgerichtshof differenzierter zum Problem der grundrechtlichen Überprüfung von Praxisänderungen und übernimmt die hier vertretene Position. Der Staatsgerichtshof hält zunächst wieder fest, eine sachlich begründete Praxisänderung verstosse nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz unter der Voraussetzung, dass eine Behörde die neue Praxis auch konsequent anwendet beziehungsweise anzuwenden beabsichtigt.273Diese für die Rechtfertigung der Praxisänderung erforderlichen sachlichen Gründe seien aber nicht schon dann gegeben, wenn die neue Praxis bloss ver- tretbar bzw. nicht völlig unvertretbar im Sinne des Willkürverbotes sei.274Der Staatsgerichtshof wendet den Gleichheitssatz an, das heisst er vergleicht die neue Praxis mit der alten Praxis. Die neue Praxis muss da- bei überzeugender sein als die alte,275andernfalls «überwiegt das Inter- esse an einer konstanten Rechtsprechung»276. Diese Rechtsprechung verdient Zustimmung. Der Gleichheitssatz ist hier nicht nur als vergleichsbezogenes Willkürverbot zu verstehen, sondern er verlangt eine differenzierte Sachlichkeitsprüfung. Der Gleichheitssatz fordert also eine Abwägung zwischen dem Grundsatz der richtigen Rechtsanwendung mit dem Interesse an einer konstanten Rechtsprechung (Verhältnismässigkeitsprüfung). Von einer bestehenden ständigen Verwaltungs- beziehungsweise Rechtsprechungspraxis darf nur abgewichen werden, wenn dazu überwiegende Gründe vorliegen, das heisst wenn die neue Praxis insgesamt überzeugender ist als die bis- her geübte alte.231 
Gleichheitssatz in der Rechtsanwendung: Sonderprobleme 273Vgl. StGH 2003/33, Urteil vom 15. September 2003, S. 10, noch n. p. Siehe auch StGH 2003/65, Entscheidung vom 18. November 2003, S. 32, publiziert im Internet. Vgl. auch StGH 2002/17, Entscheidung vom 16. September 2002, S. 15, n. p. Der Staatsgerichtshof hält es in dieser Entscheidung für problematisch, dass der Oberste Gerichtshof nicht klar sagt, dass er eine Praxisänderung vornehme und er diese überdies nicht ausreichend begründet. Der Staatsgerichtshof lässt es aber offen, ob der Oberste Gerichtshof damit die Begründungspflicht des Art. 43 LV verletzt hat. 274Vgl. StGH 2003/33, Urteil vom 15. September 2003, S. 10 und 12, noch n. p. Siehe auch StGH 2003/65, Entscheidung vom 18. November 2003, S. 32, publiziert im Internet. 275Vgl. StGH 2003/33, Urteil vom 15. September 2003, S. 10 ff., noch n. p. Siehe auch StGH 2003/65, Entscheidung vom 18. November 2003, S. 32, publiziert im Internet. 276StGH 2003/33, Urteil vom 15. September 2003, S. 10, noch n. p.; Siehe auch StGH 2003/65, Entscheidung vom 18. November 2003, S. 32, publiziert im Internet.
	        

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