Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Der allgemeine Gleichheitssatz des § 7 der Verfassung von 1862 war in erster Linie als programmatische Anweisung an den Gesetzgeber ge- dacht und stellte kein subjektives gerichtlich durchsetzbares Recht dar.55 Der allgemeine Gleichheitssatz sollte vielmehr durch die politischen Or- gane in einer dazu ergehenden Spezialgesetzgebung umgesetzt werden.56 Daher bestanden weiterhin grosse Rechtsunterschiede unter den Landesangehörigen, was beispielsweise in den Bestimmungen zum Wahlrecht zum Ausdruck kommt. Das aktive und passive Wahlrecht stand nur den im Fürstentum wohnhaften liechtensteinischen Landesan- gehörigen männlichen Geschlechtes zu, welche im Vollgenusse bürger - licher Rechte standen, das 24. Lebensjahr erreicht hatten und einen Be- ruf für sich auf eigene Rechnung betrieben.57Überdies galten noch zu- sätzliche Ausschlussgründe vom Wahlrecht.58Es waren ganze Bevölke- 23 
Verfassungsgeschichtliche Entwicklung in Liechtenstein maringen von 1833, die lautete: «Alle Staatsangehörigen haben gleiche staatsbürger- lichen [sic] Rechte, und sind vor dem Gesetze gleich; eben so sind sie zu gleichen staatsbürgerlichen Pflichten und zu gleicher Theilnahme an allen Staatslasten, so- weit die gegenwärtige Verfassungs-Urkunde keine Ausnahme bestimmt, verbun- den.» Siehe auch Art. 21 der Württembergischen Verfassung von 1819, wo es heisst: «Alle Württemberger haben gleiche staatsbürgerliche Rechte, und eben so sind sie zu gleichen staatsbürgerlichen Pflichten und gleicher Theilnahme an den Staats-Las- ten verbunden, so weit nicht die Verfassung eine ausdrückliche Ausnahme enthält; auch haben sie den gleichen verfassungsmässigen Gehorsam zu leisten.» 55Zur Bedeutung des allgemeinen Gleichheitssatzes im frühkonstitutionellen Staat siehe Huber E. R., Verfassungsgeschichte Band I, S. 352 f. 56Vgl. Frick, Gewährleistung, S. 18 f.; Batliner, Rechtsordnung, S. 97 f. Allgemein zur beschränkten rechtlichen Wirkungskraft der Grundrechte frühkonstitutioneller Verfassungen siehe Stern, Staatsrecht BandIII/1, S. 108. 57Vgl. § 57 der Konstitutionellen Verfassung vom 26. September 1862. 58Vgl. § 60 der Konstitutionellen Verfassung vom 26. September 1862, wo es heisst: «Vom activen und passiven Wahlrechte sind ausgeschlossen, daher weder wahlbe- rechtiget noch wählbar: a)Personen, die im dienstbaren Gesindeverhältnisse zu einer anderen Person stehen oder eine Armenunterstützung geniessen; b)Personen, über deren Vermögen der Concurs eröffnet, oder das Vergleichsverfah- ren eingeleitet wurde, während dieses Verfahrens, und nach Beendigung desselben, soferne sie nicht für schuldlos erkannt worden sind; c) Personen, welchen die freie Vermögensverwaltung entzogen ist; d) Solche, die wegen eines Verbrechens oder Vergehens, oder einer aus Gewinnsucht oder gegen die öffentliche Sittlichkeit begangenen Uebertretung schuldig erkannt, oder wegen eines Verbrechens, Vergehens oder einer derlei Uebertretung blos aus Mangel (Unzulänglichkeit) der Beweismittel von der Anklage freigesprochen wur- den, oder die durch ein gerichtliches Erkenntniss zur Dienstentsetzung verurtheilt worden sind, und endlich
	        

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