Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

Aufgrund dieser widersprüchlichen Aussagen, stellt sich die Frage wie das Zulässigkeitskriterium von zwei konkreten Vergleichsfällen zu verstehen ist. Dabei muss zunächst geklärt werden, welche Prozes- sgrundsätze für das Verfahren vor dem Staatsgerichtshof gelten. Der Staatsgerichtshof spricht wiederholt davon, dass es sich im Verfahren vor dem StGH um ein «eigenständigen Verfahren» handle.235Der Staatsge- richtshof und die Lehre gehen für dieses Verfahren zudem vom Untersu- chungsgrundsatz aus,236daher ist eine Substantiierungspflicht für den Beschwerdeführer nicht vertretbar. Damit spricht bereits dieses prozes- srechtliche Argument gegen das Erfordernis von zwei Vergleichsfällen. Gegen das Zulässigkeitserfordernis von zwei konkreten Vergleichsfällen gibt es darüber hinaus einen materiell-rechtlichen Einwand. Der Staats- gerichtshof anerkennt die «konstitutionelle Uneinheitlichkeit der Recht- sprechung», welche erlaubt, dass Entscheidungen unterschiedlicher Ge- richte voneinander abweichen. Das heisst, Gleichheitsverstösse können nicht dadurch festgestellt werden, indem (zwei) konkrete Fälle mitein- ander verglichen werden. Anders verhält es sich lediglich bei Entschei- dungen von Verwaltungsbehörden.237 Die Prüfung eines Verstosses gegen Art. 31 Abs. 1 LV kann folglich nicht durch einen Vergleich von verschiedenen Entscheidungen stattfin- den. Es muss vielmehr anhand einer einzigen angefochtenen Entschei- dung direkt beurteilt werden, ob der Richter – wie vom Gleichheitssatz gefordert – Gleiches gleich beziehungsweise Ungleiches ungleich behan- delt hat.238 220Gleichheitsgrundsatz 
und Willkürverbot in der Rechtsanwendung berücksichtigen und mit dem konkreten Beschwerdefall vergleichen könne. Damit liegt es im Ermessen der jeweiligen rechtsanwendenden Behörde inwieweit Ver- gleichsfälle berücksichtigt werden und der Gleichheitssatz überhaupt geprüft wird. Diese Ansicht spricht gegen sich selbst und bildet ein weiteres Argument gegen das Erfordernis von zwei konkreten Vergleichsfällen als Voraussetzung für die Gleich- heitsprüfung. 235Vgl. statt vieler StGH 1996/38, Urteil vom 24. April 1997, LES 1998, S. 177 (180). 236Vgl. etwa: StGH 1996/38, Urteil vom 24. April 1997, LES 1998, S. 177 (180). Vgl. dazu auch Wille T., S.635 ff.; Höfling, Verfassungsbeschwerde, S.47ff.; Wille H., Normenkontrolle, S.121ff. 237Zur konstitutionellen Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung siehe S. 224. Siehe auch von Lindeiner, S. 120 f. und S. 130 ff. 238Vgl. zu alldem von Lindeiner, S. 120 f. und S. 130 ff.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.