Volltext: Das Willkürverbot und der Gleichheitsgrundsatz in der Rechtsprechung des liechtensteinischen Staatsgerichtshofes

ten Industrie- und Handelskammer.86Der Staatsgerichtshof äussert sich dazu wie folgt: «Ob neben und teilweise anstelle der Gewerbe- und Wirtschafts- kammer auch noch eine Industrie- und Handelskammer mit Auf- gaben betraut werden soll, ist eine Frage des politischen Ermessens. Jedenfalls ist diese 
Ordnung nichtsinn- und zwecklos, unvernünf- tig, offensichtlich ungerecht oder sonst willkürlich. Daran ändert auch nichts, dass die Industrie- und Handelskammer privatrecht- lich organisiert ist.»87 Zur Frage, ob Bauern von der Pflichtmitgliedschaft ausgenommen wer- den können, argumentiert der Staatsgerichtshof meines Erachtens nicht überzeugend. Es besteht meiner Meinung nach kein Zusammenhang zwischen der Nichtunterstellung der Bauern unter das Gesetz und der Tatsache, dass der Gesetzgeber auch Massnahmen zugunsten der Land- wirtschaft ergreifen darf. Im Hinblick auf die Wahlmöglichkeit zwischen der Mitgliedschaft in der Gewerbe- und Wirtschaftskammer und der Industrie- und Han- delskammer nimmt der Staatsgerichthof eine vergleichsunabhängige Willkürprüfung vor und verwendet eine interessante Formelkombina- tion. Das Begriffspaar 
«sinn- und zwecklos»und «unvernünftig»(ohne sachlichen Grund) entspricht der Ausgangsformel, die hier für einmal mit der Subsumtionsformel übereinstimmt. Der Staatsgerichtshof gebraucht ferner die Begriffe 
«offensichtlich ungerecht»oder «sonst willkürlich». Mit dem Begriff «offensichtlich un- gerecht» thematisiert der Staatsgerichtshof die Evidenz der Ungerechtig- keit. Er verwendet den Terminus «Gerechtigkeit» und setzt diesen in der Subsumtionsformel als den «gegensätzlichen Korrelatbegriff»88zu Will- kür ein. 100Gleichheitsgrundsatz 
und Willkürverbot in der Rechtsetzung 86Gesetz vom 14. Dezember 1983 betreffend die Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer, LGBl 1984 Nr. 8. 87StGH 1985/11, Urteil vom 2. Mai 1988, LES 1988, S. 94 (102). Diese Entscheidung ist heute grundsätzlich überholt, da der Staatsgerichtshof in der Entscheidung StGH 2003/48 die Zwangsmitgliedschaft zur Gewerbe- und Wirtschaftskammer als ver- fassungswidrig aufgehoben hat. Vgl. dazu StGH 2003/48, Entscheidung vom 29.November 2004, S. 33 ff., publiziert im Internet. 88Leibholz, S. 72.
	        

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