Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

gehen – wie erwähnt – nur in der Frage auseinander, ob die Entschei- dungsgründe auch Bindungswirkung entfalten. Gibt etwa der österrei- chische Verfassungsgerichtshof einer Bescheidbeschwerde statt, sind die Verwaltungsbehörden nach § 87 Abs. 2 VfGG verpflichtet, in dem be- treffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Diese Verpflichtung der Behörden besteht für die Gründe, welche die Aufhebung des Bescheides tragen bzw. für die rechtlichen Bewertungen, die ihr der Verfassungsge- richtshof zugrunde legt.484 Vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des Staatsge- richtshofes im Verfassungsbeschwerdeverfahren ist zu fragen, was der Staatsgerichtshof unter der Rechtsansicht, die bindet, versteht. Er- schwert wird die Gehalts- oder Sinnermittlung dadurch, dass sich der Staatsgerichtshof auch in den Entscheidungen, die auf der Grundlage des neuen Staatsgerichtshofgesetzes ergangen sind, nicht explizit auf Art. 54 Satz 1 StGHG beruft, der die Bindung an die Entscheidungen des Staats- gerichtshofes anordnet. Unklar ist, ob der Begriff «Rechtsansicht» den gleichen Inhalt hat wie der Begriff «Entscheidungen» oder ob ihm eine andere Bindungswirkung sui generis innewohnt. Die Formulierung «un- ter Bindung an die Rechtsansicht» dürfte auf Art. 42 Abs. 2 altStGHG zurückgehen, der davon gesprochen hat, dass die Gerichts- oder Ver- waltungsbehörde, die eine neue Entscheidung oder Verfügung zu treffen hatte, «an die Rechtsanschauung des Staatsgerichtshofes gebunden» ist. Der Staatsgerichtshof hat sich bisher nicht vernehmen lassen, was er un- ter «Rechtsansicht» bzw. «Entscheidungen des Staatsgerichtshofes» im Sinne des Art. 54 Satz 1 StGHG versteht.485Ein klärendes Wort drängt sich auf. Nach Wolfram Höfling486geht die Bindungswirkung, die sich auf die Rechtsanschauung bezieht, und auf die der Staatsgerichtshof in seinem Tenor hinweist, weiter als die sehr fallbezogene Bindungswir- 854Entscheidungswirkungen 
484Siehe Machacek, S. 90; anders dagegen Ermacora, S. 60. Nach ihm verpflichtet in solchen Fällen (nur) der Tenor, wobei das gesamte Erkenntnis mit seinen Gründen jedoch wegweisend sein wird. 485Vgl. aber die im Zusammenhang mit einem Verwaltungsverfahren in StGH 2004/46, Urteil vom 3. April 2006, nicht veröffentlicht, S. 34 f. gemachten Ausführungen des Staatsgerichtshofes zur Rechtskraft- und Bindungswirkung einer Zurückverwei- sungsentscheidung an die untere Instanz. 486Höfling, Verfassungsbeschwerde, S. 191.
	        

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