Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

der Überschrift «Entscheidung»480an, was die in der jeweiligen Verfah- rensart ergangene Sachentscheidung zu enthalten hat. Nimmt man diese Bestimmungen näher in den Blick, wird ersichtlich, dass sie vorschrei- ben, was im Entscheidungstenor auszusprechen ist. «Entscheidung» meint demzufolge nichts anderes als den Entscheidungsspruch. In dieser Bedeutung fasst auch das deutsche Bundesverfassungsgericht den Begriff «Entscheidungen» in § 31 Abs. 1 BVerfGG auf.481 Diese enge Auslegung stellt allerdings nur eine Auslegungsmög- lichkeit dar und ist nicht zwingend geboten. Gibt der Staatsgerichtshof einer Individualbeschwerde statt und hebt den angefochtenen Hoheitsakt bzw. die angefochtene Entscheidung auf und verweist sie zur Neuentscheidung an die belangte Behörde zu- rück, spricht er im Tenor aus, dass die zuständige belangte Behörde an die Rechtsansicht des Staatsgerichtshofes gebunden ist.482Aus dem Spruch allein lässt sich die Rechtsansicht des Staatsgerichtshofes nicht ermitteln. Um den Gehalt des Spruches auszumachen, ist auf die Ent- scheidungsgründe zurückzugreifen. Diese Vorgehensweise, welche die Entscheidungsgründe zur Gehalts- oder Sinnermittlung der Entschei- dungsformel heranzieht, ist in Deutschland üblich.483Die Meinungen 853 
§ 48 Im Besonderen 480Siehe Art. 17, 19, 21, 23, 26, 34 und 37 StGHG. 481Siehe Schlaich/Korioth, S. 340, Rz. 485 unter Bezugnahme auf BVerfGE 104, 151 (197). 482StGH 2005/24, Urteil vom 27. September 2005, nicht veröffentlicht, S.2; StGH 2004/ 9, Urteil vom 3. Mai 2004, nicht veröffentlicht, S. 2; StGH 2003/64, Urteil vom 17. November 2003, nicht veröffentlicht, S. 2; vgl. dazu auch, jedoch noch vor dem Hintergrund der alten Rechtslage, aus der Sicht des Obersten Gerichtshofes als be- langte Behörde, OGH 11 Rs 2001.00360, Beschluss vom 17. Juli 2003, LES 3/2004, S. 111 (115), wo der Oberste Gerichtshof in seiner Begründung festhält: «Gemäss Art. 42 Abs 2 StGHG ist das Gericht (hier der Oberste Gerichtshof) an die Rechtsan- schauung des Staatsgerichtshofes gebunden, soweit es aufgrund eines ergangenen Entscheides des StGH eine neuerliche E zu treffen hat. Dies gilt auch im vorliegenden Fall uneingeschränkt, zumal der StGH in seiner im konkreten Fall getroffenen E aus- drücklich auf diese Bindungswirkung hingewiesen und dem OGH zur Beachtung auferlegt hat». Es finden sich in der Praxis des Staatsgerichtshofes auch Entscheidun- gen, in denen die Entscheidung der belangten Behörde aufgehoben, jedoch ohne Bin- dung an die Rechtsansicht des Staatsgerichtshofes zur neuerlichen Entscheidung zu- rückverwiesen wird, und auch solche Entscheidungen, in denen die Entscheidung der belangten Behörde im Tenor ohne Rückverweisungsanordnung aufgehoben wird. Siehe beispielsweise StGH 2005/39, Urteil vom 27. September 2005, nicht veröffent- licht, S. 2 (Rückverweisung ohne Bindung an die Rechtsansicht). 483Vgl. etwa Lange, S. 4 und Benda/Klein, S. 546, Rz. 1323.
	        

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