Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

B.Einfachgesetzliche Grundlage Die Entscheidungen des Staatsgerichtshofes binden alle Behörden des Landes und der Gemeinden sowie alle Gerichte. In den Normenkon- trollverfahren hat der Spruch der Entscheidung des Staatsgerichtshofes eine allgemeinverbindliche Wirkung (Art. 54 StGHG).419Diese Rege- lung ist offensichtlich § 31 BVerfGG nachgebildet worden. Er diente schon Art. 55 des nicht sanktionierten Staatsgerichtshofgesetzes 1992 als Vorbild.420Dieser unterschied sich allerdings von der heutigen Bestim- mung dadurch, dass die Entscheidung des Staatsgerichtshofes in Nor- menkontrollverfahren Gesetzeskraft erhalten hätte.421 Der Gesetzgeber hat in Art. 54 StGHG wie das deutsche Bundes- verfassungsgerichtsgesetz vorgeschrieben, dass die Entscheidungen des Staatsgerichtshofes alle anderen Organe der öffentlichen Gewalt binden. Die Verfassung selber kennt keine solche Bindungswirkung. Sie ist nur einfachgesetzlich geregelt, obwohl ihre Tragweite nicht zu übersehen ist.422Ebenso gehen das Bundesverfassungsgericht und ein überwiegen- der Teil des deutschen Schrifttums von einer ausschliesslich einfachge- setzlichen Anordnung der Bindungswirkung aus, da sie sich aus dem Verfassungsrecht nicht herleiten lässt.423Demgegenüber ist in Österreich eine den Art. 54 StGHG und § 31 BVerfGG ähnliche Bindungswirkung verfassungsgesetzlich verankert.424Sie gilt allerdings im Unterschied zur liechtensteinischen und deutschen Regelung nicht für alle Entscheidun- 841 
§ 48 Im Besonderen 419Das alte Staatsgerichtshofgesetz hatte in Art. 42 Abs. 2 eine nicht so weitgehende Bindungswirkung statuiert. Diese Bestimmung lautete: «Soweit auf Grund eines er- gangenen Entscheides des Staatsgerichtshofes eine Gerichts- oder Verwaltungsbe- hörde eine Entscheidung oder Verfügung zu treffen hat, ist sie an die Rechtsan- schauung des Staatsgerichtshofes gebunden». Siehe dazu auch StGH 2003/28, Urteil vom 15. September 2003, nicht veröffentlicht, S. 18 und StGH 2000/17, Entschei- dung vom 7. Juni 2000, nicht veröffentlicht, S. 23. 420Siehe BuA, Nr. 71/1992, S. 89 f. 421Siehe zur Begründung, wonach der Begriff «Gesetzeskraft» durch die Formulierung «allgemeinverbindliche Wirkung» ersetzt wird, BuA, Nr. 45/2003, S. 55 und vorne FN 292. 422Vgl. dazu für Deutschland die Ausführungen von Thomas in seinem Rechtsgut - achten betreffend die Stellung des Bundesverfassungsgerichts in: JöR N. F., Bd. 6 (1957), S. 169. 423Siehe Ziekow, S. 525. 424Art. 139 Abs. 6, 139a, 140 Abs. 7 und 140a B-VG.
	        

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