Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

doch nur dann einen Wiederaufnahmegrund, wenn deren Berücksichti- gung im Rahmen der dem Staatsgerichtshof zukommenden, insbeson- dere im Individualbeschwerdeverfahren, beschränkten Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis etwa unter dem Aspekt der Verletzung verfas- sungsmässig gewährleisteter Rechte eine der Partei günstigere Entschei- dung möglich erscheinen lässt.376Die Wiederaufnahme kann sich nur auf solche Tatsachen stützen, die vor dem Schluss des Verfahrens, d.h. vor der Entscheidung des Staatsgerichtshofes entstanden sind, der antrag- stellenden Partei aber erst später bekannt geworden sind (nova reperta). Tatsachen, die erst nach Fällung der Entscheidung eingetreten sind (nova producta), können hingegen nicht als Wiederaufnahmegrund geltend ge- macht werden.377Die Wiederaufnahme gemäss § 498 Abs. 1 Ziff. 7 ZPO ist auch in all jenen Fällen nicht möglich, in denen dem Wiederaufnah- mewerber Verschulden vorgeworfen werden kann (§ 498 Abs. 2 ZPO).378Im Wiederaufnahmeantrag sind entsprechende Ausführungen zu machen.379 bbb) Wiederaufnahme gemäss Art. 104 Abs. 3 LVG Die Wiederaufnahme gemäss Art. 104 Abs. 3 LVG hat in der bisherigen Praxis des Staatsgerichtshofes schon eine Rolle gespielt. Ein solcher Wie- deraufnahmeantrag ist dann begründet380, wenn der Wiederaufnahme- 832Entscheidungswirkungen 
376Siehe für Österreich Noll, Wiederaufnahme, S. 871 und Machacek, S. 71 f. 377Siehe für Österreich Walzel von Wiesentreu, S. 91. Siehe auch Machacek, S. 72, der unter Bezugnahme auf VfSlg 8750/1980 festhält, dass die Tatsache, ob bestimmte Schriftsätze dem Verfassungsgerichtshof im Zeitpunkt seiner Entscheidung vorgele- gen sind, keine Tatsache ist, die ein vom Verfassungsgerichtshof im seinerzeitigen Verfahren zu berücksichtigendes Sachverhaltselement betrifft, welches als Tatsache im Sinne dieser Gesetzesbestimmung anzusehen wäre. Siehe zum Tatsachenbegriff auch Noll, Wiederaufnahme, S. 870 f. Nach ihm wäre rechtspolitisch zu fordern, dass das Wort «Tatsachen» im § 530 Abs. 1 Ziff. 7 ZPO durch das Wort «Umstände» ersetzt wird, um dadurch anzuzeigen, dass es lediglich auf die Gravität des Novums ankommt, um eine Wiederaufnahme zu begründen. 378Noll, Wiederaufnahme, S. 868. Er hebt hervor, dass etwa das Unterlassen von Vor- bringen im Vertrauen auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung unver- schuldet im Sinne des § 530 Abs. 2 öst. ZPO (§ 498 Abs. 2 liecht. ZPO) ist. 379Vgl. Machacek, S. 72. 380Begründet heisst jedoch nicht zugleich, dass er letztlich auch zulässig ist. Vgl. etwa StGH 2003/74, Beschluss vom 27. September 2004, nicht veröffentlicht, S. 4. Der Wiederaufnahmeantrag war zwar begründet, jedoch als unzulässig mit Beschluss zurückzuweisen, weil er nicht fristgerecht erhoben worden ist.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.