Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

Der Spruch über die Aufhebung bzw. über die Feststellung der Verfassungswidrigkeit ist von der Regierung unverzüglich im Landesge- setzblatt kundzumachen. Die Aufhebung wird mit der Kundmachung rechtswirksam, wenn der Staatsgerichtshof hierfür nicht eine Frist von längstens einem Jahr bestimmt. Der Anlassfall ist davon ausgenommen (Art. 19 Abs. 3).146 Die Fristsetzung und die Bestimmung der Dauer der Frist liegen im Ermessen des Staatsgerichtshofes. Wird eine Frist bestimmt, ist sie in den Entscheidungsausspruch aufzunehmen. bb) Kritik Der Staatsgerichtshof hat nach Art. 104 Abs. 2 LV in den Angelegenhei- ten der Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Gesetzen und Staatsver- trägen sowie der Gesetzmässigkeit der Regierungsverordnungen kassa- torisch zu urteilen. Eine Feststellung der Verfassungs- bzw. Gesetzes- und Staatsvertragswidrigkeit von Rechtsvorschriften ohne Aufhebung ist nach liechtensteinischem Verfassungsrecht im Gegensatz zur öster- reichischen Regelung, die in Art. 139 Abs. 4 und Art. 140 Abs. 4 B-VG eine Feststellung ohne Kassation im Verordnungs- bzw. Gesetzesprü- fungsverfahren kennt, nicht vorgesehen. Diese einfachgesetzliche Kom- petenzerweiterung des Staatsgerichtshofes147durch Art. 19 Abs. 2 und 21 Abs. 2 StGHG, ist «wohl» verfassungsrechtlich nicht gedeckt.148Aus praktischer Sicht macht jedoch eine solche Kompetenz durchaus Sinn, da es sehr wohl Fälle geben kann, bei denen auf Grund von Übergangs- bestimmungen noch Rechtsvorschriften anzuwenden sind, die bereits (formell) ausser Kraft getreten bzw. aufgehoben worden sind. Da die Aufhebung einer Rechtsvorschrift jedoch voraussetzt, dass sie zum Zeitpunkt der Aufhebung noch in Kraft ist, kann der Staatsge- 784Entscheidungsinhalt 
146Vgl. dazu auch BuA, Nr. 45/2003, S. 49, wonach künftig nach österreichischem Vor- bild auch der Spruch über die Feststellung der Verfassungswidrigkeit bereits ausser Kraft getretener Normen im Landesgesetzblatt kundgemacht werden soll. 147Siehe zu dieser Problematik vorne S. 59 ff. 148So schon vorsichtig für die alte Rechtslage, die allerdings diese Feststellungskompe- tenz in Art. 27 Abs. 2 altStGHG nur für die Verordnungsprüfungsverfahren fest- legte, Wille, Normenkontrolle, S. 303. Siehe auch Stellungnahme der Regierung, Nr. 95/2003, S. 43, die im Zusammenhang mit den sogenannten «Appellentschei- dungen» ausdrücklich erwähnt, dass ein Verzicht auf eine Kassation bei festgestell- ter Verfassungswidrigkeit von Art. 104 Abs. 2 LV nicht gedeckt ist.
	        

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