Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

Staatsgerichtshof denn auch schon klargestellt, «dass auch im Falle der Beschwerdestattgebung die angefochtene E und allenfalls die angefoch- tene Gesetzesbestimmung selbstredend nur gerade aufgehoben, nicht aber antragsgemäss hätten abgeändert werden können, da der StGH als Verfassungsgericht gem Art 38 Abs 1 und 2 StGHG rein kassatorisch entscheidet».12Er ist mit anderen Worten in den Normenkontrollver- fahren, den Individualbeschwerdeverfahren und den Verfahren zur Ent- scheidung über Kompetenzkonflikte nicht befugt, eine reformatorische Entscheidung zu fällen. Der Staatsgerichtshof kann den angefochtenen Hoheitsakt durch seine Entscheidung nicht inhaltlich ändern. Er hat ihn im Falle einer Verfassungsverletzung zu kassieren.13Die Kassation stellt für Individualbeschwerden, denen stattgegeben wird, die klassische Ent- scheidungsform dar.14 In den staatsgerichtlichen, «quasi-strafrechtlichen»15Verfahren16 der Ministeranklage (Art. 28 ff. StGHG) und der Disziplinarangelegen- heiten (Art. 35 ff. StGHG) ergeht hingegen keine kassatorische Ent- scheidung, da es in diesen Verfahren keinen Hoheitsakt gibt, der aufge- hoben werden könnte. Der Staatsgerichtshof fällt bei Sachentscheidun- gen ein meritorisches Urteil. Er spricht darin aus, dass der Angeklagte die Tat, d.h. eine Verletzung der Verfassung oder eines genau bezeichne- ten Gesetzes (Art. 34 Abs. 1 StGHG) begangen hat oder dass allenfalls die Beweise für eine Verurteilung nicht ausreichen.17759 
§ 43 Entscheidungsbefugnis schwerden) auch vor, dass er entgegen dem klaren Gesetzeswortlaut in § 87 Abs. 1 VfGG den angefochtenen Bescheid nicht aufhebt, obwohl er eine Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten festgestellt hat. Siehe zu dieser in der Praxis kreierten Entscheidungsvariante des Verfassungsgerichtshofes Novak, S. 267. 12StGH 1998/3, Urteil vom 19. Juni 1998, LES 3/1999, S. 169 (173); siehe auch StGH 1997/23, Urteil vom 29. Januar 1998, LES 5/1998, S. 283 (287). Diese Entscheidun- gen ergingen noch auf Grund der alten Rechtslage. Sie hat sich jedoch durch das neue Staatsgerichtshofgesetz nicht geändert. 13Siehe zu den Begriffen und der Problematik von Kassation oder Reformation Wal- ter, Entscheidung, S. 391 ff.; vgl. auch Sprenger, S. 336 f. 14Vgl. Höfling, Verfassungsbeschwerde, S. 189. 15Diesen Terminus verwendet Ossenbühl, S. 474. 16Zum Begriff der Staatsgerichtsbarkeit und ihrer Unterscheidung von der Verfas- sungsgerichtsbarkeit siehe vorne S. 29 ff. 17Siehe zum Sachurteil im Strafprozess Seiler, Strafprozessrecht, S. 175 f., Rz. 683.
	        

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