Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

desgerichts. Es hat nach den Worten von Jörg Paul Müller «in einer küh- nen Rechtsschöpfung, die ohne Vergleich in unserer, wenn nicht gar in irgendeiner europäischen Rechtsordnung steht, in Erfüllung seines Ver- fassungsauftrags selbst bestimmt, was es als verfassungsmässiges Recht unter seinen Schutz nehmen will».262Will der Gesetzgeber diese Wert - entscheidung nicht dem Staatsgerichtshof überlassen, so hat er sie mit formellem Verfassungsrecht zu treffen, wobei jedoch zu bedenken ist, dass sich im Rechtsleben nicht alles reglementieren lässt. 3.Nichtigerklärung von Initiativbegehren Ein Initiativbegehren auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung eines Ge- setzes oder der Verfassung, das im Vorprüfungsverfahren vom Landtag wegen Verfassungs- oder Staatsvertragswidrigkeit für nichtig erklärt worden ist, kann gemäss Art. 70b Abs. 3 VRG mit Beschwerde beim Staatsgerichtshof angefochten werden.263Der Staatsgerichtshof stützt sich denn auch in StGH 2004/70264bei der Zuständigkeits- bzw. Zuläs- sigkeitsprüfung auf diese Gesetzesbestimmung. Er führt jedoch nicht aus, ob diese einfachgesetzlich normierte Zuständigkeit auch verfas- sungsrechtlich gedeckt ist. Aus kompetenzrechtlicher Sicht wird von ihm wohl seine Stellung als Wahlgerichtshof ins Auge gefasst, die Art. 104 Abs. 2 LV nicht näher umschreibt. Materiell-rechtlich fragt es sich aber, ob der Staatsgerichtshof eine präventive Normenkontrolle durchführen kann, denn die Prüfung der verfassungsrechtlichen Zuläs- sigkeit weist Züge einer präventiven Normenkontrolle auf, die die Ver- fassung ausschliesst.265Art. 104 Abs. 2 LV kennt nur die repressive Nor- menkontrolle von geltenden Gesetzen und Regierungsverordnungen, da der Staatsgerichtshof in Angelegenheiten der Normenkontrolle kassato- 72Stellung, 
Zuständigkeit und Organisation 262Müller, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 68. 263Vgl. Hoch, Verfassung- und Gesetzgebung, S. 210 ff., insbesondere S. 214 ff. und Ritter, Gesetzgebungsverfahren, S. 72 und 74 ff. 264StGH 2004/70, Urteil vom 9. Mai 2005, nicht veröffentlicht, S. 3 ff. 265Vgl. Wille, Normenkontrolle, S. 239. So ist denn auch Art. 16 altStGHG, der dem Staatsgerichtshof die Kompetenz eingeräumt hat, auf Verlangen der Regierung oder des Landtages Gutachten zu erstatten, vom Staatsgerichtshofgesetz nicht mehr übernommen worden. Siehe auch StGH 1995/25, Urteil vom 23. November 1998, LES 3/1999, S. 141 (146).
	        

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