Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

beansprucht für sich nicht von ungefähr eine «verfassungsrechtliche Leitfunktion».192 V.Der Staatsgerichtshof als «Herr seines Verfahrens»? Dem Staatsgerichtshof steht es weder aus der Funktion als «Hüter der Verfassung»193noch aus seiner für sich reklamierten «verfassungsrecht - lichen Leitfunktion» und ebenso wenig aus seiner Verfassungsorganqua- lität zu, eine eigenständige Erweiterung von Kompetenzen vorzuneh- men und das lückenhafte Verfassungsprozessrecht selbst kompetenziell zu ergänzen.194 Das verfassungsgerichtliche Verfahren setzt immer einen von aus- sen kommenden zulässigen Antrag voraus. Es gilt ein striktes Antrags- prinzip.195Wird der Staatsgerichtshof zulässigerweise angerufen, hat er bei der Auslegung der Verfassung das Letztentscheidungsrecht. Er hat aber kein ausschliessliches Interpretationsmonopol der Verfassung, denn nicht nur er, sondern jede Gerichts- und Verwaltungsbehörde hat sich bei der Ausübung von Hoheitsgewalt an die Verfassung zu halten und verfassungskonform vorzugehen. Der Staatsgerichtshof kann für sich eine «Allein- und Allzuständigkeit» zum Schutze der Verfassung weder beanspruchen noch innehaben. Der Staatsgerichtshof ist weder der Ga- rant einer durchgehenden Verfassungsmässigkeitskontrolle, noch gibt es eine «durchgehende Verfassungsmässigkeit» staatlichen Handelns.196 Der Staatsgerichtshof hat sich genauso wie das deutsche Bundes- verfassungsgericht und der österreichische Verfassungsgerichtshof an die 58Stellung, 
Zuständigkeit und Organisation 192StGH 1995/20, Urteil vom 24. Mai 1996, LES 1/1997, S. 30 (38); StGH 1997/40, Ur- teil vom 2. April 1998, LES 2/1999, S. 87 (89) und StGH 2002/9, Entscheidung vom 19. November 2002, nicht veröffentlicht, S. 8. 193Diesen Begriff verwendet der Staatsgerichtshof beispielsweise in StGH 1982/65/V, Urteil vom 15. September 1983, LES 1/1984, S. 3 f. 194Vgl. Höfling, Verfassungsbeschwerde, S. 34 ff.; vgl. für Deutschland Pestalozza, Verfassungsprozessrecht, S. 38, Rz. 13. 195Vgl. für Liechtenstein Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 47 und für Deutschland Hillgruber/Goos, S. 30, Rz. 71. 196Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 48 unter Hinweis auf Wolfgang Knies, FS Klaus Stern 1997, S. 1161.
	        

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