Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

IV.Der Staatsgerichtshof – ein staatsleitendes Organ? Entscheidungen des Staatsgerichtshofes binden gemäss Art. 54 StGHG alle Behörden des Landes und der Gemeinden sowie alle Gerichte.186In den Fällen der Art. 19, 21 und 23 StGHG entfaltet der Spruch der Ent- scheidung des Staatsgerichtshofes gemäss Art. 54 eine allgemeinverbind- liche Wirkung.187Verfassungsrechtliche Entscheidungen können daher weitreichende politische Wirkungen haben, wenn beispielsweise Ge- setze, die von einer Mehrheit beschlossen worden sind, als verfassungs- widrig aufgehoben werden und somit nicht verwirklicht werden kön- nen.188Der Staatsgerichtshof kann Hoheitsakten anderer Staatsorgane zwar nie von sich aus189und immer nur kontrollierend entgegentreten. So gesehen erhält er wie das deutsche Bundesverfassungsgericht einen «begrenzten Anteil an der obersten Staatsleitung».190Spricht er aber ein- mal Recht, so kommt seiner Rechtsprechung eine Leitfunktion zu. Sie wird zum Wegweiser für die Gestaltung der liechtensteinischen Rechts- ordnung und setzt die Grenzen, innerhalb derer sich Politik und Ge- setzgebung bewegen und entwickeln können.191Der Staatsgerichtshof 57 
§ 4 Stellung sungsgerichtsbarkeit exakt kaum zu ziehen sind. Für Grimm, S. 205 gibt es keine überzeugende Lösung dieses Dauerproblems der Grenzziehung des Prüfungsum- fanges, welches auch ein häufiger Anlass zur Kritik an der Verfassungsrechtspre- chung ist. Siehe auch den Lösungsansatz von Starck, Bundesverfassungsgericht, S. 14. Danach kann die Überprüfung von Urteilen, die im Übrigen zu einer immen- sen Überlastung des Bundesverfassungsgerichts führt, auf ein dem Grundgesetz ent- sprechendes Mass zurückgeführt werden, wenn zweierlei beachtet wird: Zunächst muss das Bundesverfassungsgericht auf jede Vorstellung von Grundrechtsoptimie- rung verzichten und die Grundrechte als Rahmen verstehen, d.h. die Abwehrrechte als Schranken der Gesetzgebung (Übermassverbote) und die den Grundrechten ent- nommenen Schutzpflichten der Gesetzgebung als Untermassverbote und ferner ist die Kontrolldichte zu beschränken. Siehe dort auch Näheres zur Beschränkung der Kontrolldichte. 186Siehe zur Bindung der Entscheidungen des Staatsgerichtshofes nach dem neuen Staatsgerichtshofgesetz schon die Ausführungen in StGH 2000/17, Entscheidung vom 7. Juni 2000, nicht veröffentlicht, S. 22 f. 187Eingehend dazu 5. Kapitel. 188Benda/Klein, S. 46, Rz. 106. 189Zum strikten Antragsprinzip siehe hinten 2. und 4. Kapitel. 190Hesse, Grundzüge, S. 241, Rz. 566. 191So Wille, Verfassungsgerichtsbarkeit, S. 44.
	        

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