Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

fassungsbeschwerde einzutreten sei.627In StGH 2000/45 fehlte zwar das aktuelle Rechtsschutzinteresse. Es bestand aber tatsächlich die Gefahr, dass der Staatsgerichtshof eine in der Verfassungsbeschwerde behauptete Ungleichbehandlung von Flüchtlingskindern aus einem bestimmten Sprach- bzw. Kulturkreis bei ihrer Eingliederung in den regulären Schul- unterricht nie auf ihre Verfassungsmässigkeit hätte überprüfen kön- nen.628In StGH 2002/29 ging der Staatsgerichtshof ebenfalls von einem Ausnahmefall aus, da er die Frage der Zulässigkeit der Zustimmung der Regierung zu einer Hausdurchsuchung kaum je vor dem Wegfall der Be- schwer entscheiden könnte, denn Hausdurchsuchungen würden natur- gemäss erst im Nachhinein einer gerichtlichen Überprüfung unterlie- gen.629Der Staatsgerichtshof tritt also immer dann auf eine Verfassungs- beschwerde (neu: Individualbeschwerde) ein, wenn schon von vornhe- rein aus zeitlichen Gründen feststeht, dass zum Zeitpunkt der Überprü- fung des Hoheitsaktes der Beschwerdeführer kein aktuelles Rechts- schutzinteresse (gegenwärtige Betroffenheit) mehr vorweisen kann, so dass der Staatsgerichtshof, da das aktuelle Rechtsschutzinteresse fehlt, den angefochtenen Hoheitsakt nie würde auf seine Verfassungsmässig- keit überprüfen können. Es ist allerdings zu beachten, dass ein Be- schwerdeführer im Zeitpunkt der Überprüfung sehr wohl noch be- schwert im Sinne der Selbstbetroffenheit sein kann. Dagegen fehlt das aktuelle Rechtsschutzinteresse im Sinne der gegenwärtigen Betroffen- heit. Aus diesem Grund kommt es darauf an, wie weit oder eng der Be- griff der Beschwer verstanden wird, d.h. ob das aktuelle Rechtsschutz- interesse eine eingenständige Zulässigkeitsvoraussetzung ist. Man kann sich allerdings fragen, worin das öffentliche Interesse an einer materiellen Prüfung der geltend gemachten Grundrechtsverletzung 546Sachentscheidungs- 
bzw. Sachurteils voraussetzungen 627StGH 1998/61, Urteil vom 3. Mai 1999, LES 3/2001, S. 126 (130). Dagegen hat der Staatsgerichtshof in StGH 2006/72, Beschluss vom 4. Dezember 2006, nicht veröf- fentlicht, S. 5 f. keine Ausnahme vom Beschwerdelegitimationserfordernis des aktu- ellen Rechtsschutzinteresses gemacht, da bei Vermögenssperren, welche gemäss § 97a StPO verhängt werden, die Maximaldauer gemäss Abs. 4 dieser Bestimmung zwei Jahre betrage und solche Vermögenssperren mit Zustimmung des Obergerichts noch weiter verlängert werden können, so dass der Staatsgerichtshof schon mehr- fach die Gelegenheit gehabt habe, über die Verfassungsmässigkeit solcher auf § 97a StPO basierenden Kontosperren vor deren Ablauf zu befinden und die grundrecht- lichen Anforderungen an deren Verhängung und Verlängerung festzulegen. 628StGH 2000/45, Entscheidung vom 25. Oktober 2000, LES 5/2003, S. 252 (257). 629StGH 2002/29, Entscheidung vom 19. November 2002, nicht veröffentlicht, S. 8 f.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.