Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

dehnt wie der liechtensteinische Staatsgerichtshof etwa bei einer zulässi- gen Verfassungsbeschwerde in der Begründetheitsprüfung den Prü- fungsmassstab aus und prüft im Rahmen einer zulässigen Verfassungs- beschwerde von Amtes wegen «jeden Verfassungsverstoss», da es das ge- samte Verfassungsrecht als Prüfungsmassstab anwendet.50Das deutsche Bundesverfasssungsgericht kann gemäss seiner Rechtsprechung die «verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit» der angegriffenen Norm «un- ter jedem in Betracht kommenden verfassungsrechtlichen Gesichtspunkt prüfen».51Dies gilt allerdings nur für solche Grundrechte, die der Be- schwerdeführer im konkreten Fall auch tatsächlich anrufen kann.52 Anders verhält es sich im österreichischen Verfassungsprozess- recht. Es lässt keine Ausnahme vom Grundsatz ne ultra petita zu.53Das hat mit der Grundkonzeption des verfassungsgerichtlichen Verfahrens in Österreich zu tun. Der Verfassungsgerichtshof darf ein Gesetz oder eine Verordnung nur insoweit als verfassungswidrig aufheben, als ihre Aufhebung ausdrücklich beantragt wurde oder als er das Gesetz oder die Verordnung in der bei ihm anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte.54 Dagegen ist es ständige Rechtsprechung des österreichischen Verfas- sungsgerichtshofes, dass er im Bescheidbeschwerdeverfahren (Art. 144 B-VG) die Verletzung aller in Betracht kommenden verfassungsgesetz- lich gewährleisteten Rechte zu prüfen hat und bei seiner Entscheidung nicht an die Beschwerdebehauptungen gebunden ist.55 4.Terminologisches In denjenigen Verfahren, in denen sich nicht Parteien als Antragsteller und Antragsgegner streitig (kontradiktorisch) gegenüberstehen, emp- fiehlt sich die Bezeichnung ‹Verfahrensgegenstand›.56Der Streit- bzw. 429 
§ 26 Antrag und Antragswirkungen 50Schlaich/Korioth, S. 153, Rz. 224. 51BVerfGE 53, 366 (390); 42, 312 (325 f.); 54, 53 (67); 70, 138 (162). 52Siehe Schlaich/Korioth, S. 153, Rz. 224. 53Vgl. Holoubek, S. 25 und zum Gegenstand von Normprüfungsverfahren siehe etwa Spielbüchler, S. 743 ff. 54Art. 139 Abs. 3 und 140 Abs. 3 B-VG. 55Siehe Machacek, S. 75 unter Bezugnahme auf VfSlg 14.772/1997. 56So Detterbeck, S. 305. Die verfassungs- und staatsgerichtlichen Verfahren nach liech- tensteinischem Recht sind grundsätzlich wie diejenigen nach österreichischem Verfas- sungsprozessrecht streitig (kontradiktorisch) ausgestaltet; siehe dazu vorne S. 110 ff.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.