Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

C.Rechtsvergleichende Bemerkungen 1.Österreich § 19 VfGG sieht vor, dass die Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes grundsätzlich nach einer öffentlichen mündlichen Verhandlung ge- schöpft werden. Allerdings wird auch in Österreich dieser Grundsatz von der Praxis ins Gegenteil verkehrt.724Es kann nämlich der Verfas- sungsgerichtshof auf Antrag des Referenten ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung be- schliessen. Er kann beispielsweise auch dann von einer mündlichen Ver- handlung absehen, wenn die Schriftsätze der Parteien und die ihm vorge- legten Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine wei- tere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.725Auch die Erkennt- nisse und Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes werden in aller Regel selbst dann nicht öffentlich verkündet, wenn eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt worden ist, sondern schriftlich ausgefertigt und zugestellt.726 Diese Regelung weist unverkennbar Ähnlichkeiten zu der in Art. 43 und 47 Abs. 3 StGHG auf, so dass anzunehmen ist, dass sich der liechtensteinische Gesetzgeber auch in der Frage der Öffentlichkeit und Mündlichkeit im Verfahren vor dem Staatsgerichtshof ein Beispiel am österreichischen Verfassungsgerichtshofgesetz genommen hat. 2.Deutschland Nach § 25 Abs. 1 BVerfGG entscheidet das Bundesverfassungsgericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung, es sei denn, dass alle Beteiligten ausdrücklich darauf verzichten. Der Mündlichkeitsgrundsatz wird auch im deutschen Verfassungsprozess nicht eingehalten. So findet in nicht einmal einem Prozent der Verfahren 399 
§ 25 Öffentlichkeits- und Mündlichkeits prinzip wird. Siehe dazu StGH 2006/90, Beschluss vom 4. Dezember 2006, nicht veröffent- licht, S. 9 ff. 724Vgl. Öhlinger, Verfassungsrecht, S. 447, Rz. 1069. 725Siehe die in § 19 Abs. 3 und 4 VfGG genannten Gründe; vgl. auch Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht, S. 448 f., Rz. 1071. 726Öhlinger, Verfassungsrecht, S. 447, Rz. 1069 und Walter/Mayer, Bundesverfas- sungsrecht, S. 449, Rz. 1072.
	        

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