Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

und der Urteilsverkündung,652obwohl vom Vorbehalt betroffene Ge- setze in der Zwischenzeit geändert worden sind, wie dies beispielsweise beim neuen Staatsgerichtshofgesetz der Fall ist. Solche Änderungen von Rechtsvorschriften sind vom Vorbehalt nicht mehr erfasst, da er nur die im Zeitpunkt der Ratifikation bestehende Rechtsordnung im Auge hat. Er kann also auf spätere Gesetze bzw. Änderungen von Gesetzen nicht mehr angewendet werden653, wie dies denn auch dem Sinn der Europäi- schen Menschenrechtskonvention entspricht, wonach «Vorbehalte län- gerfristig abgebaut und nicht etwa ausgebaut werden».654 Neben Art. 6 Abs. 1 EMRK normiert auch Art. 14 Abs. 1 Satz 2 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II), dass jedermann Anspruch darauf hat, dass über eine ge- gen ihn erhobene strafrechtliche Anklage oder seine zivilrechtlichen An- sprüche und Verpflichtungen in billiger Weise und öffentlich verhandelt wird. Liechtenstein hat sich auch hier vorbehalten, diese Bestimmung für die Öffentlichkeit des Verfahrens und die Urteilsverkündung nur in jenen Grenzen umzusetzen, die von den Grundsätzen abgeleitet werden, die in der derzeitigen liechtensteinischen Verfahrensgesetzgebung zum Ausdruck kommen.655 Die nachstehenden Ausführungen konzentrieren sich ausschliess- lich auf Art. 6 Abs. 1 EMRK, so dass festgehalten werden muss, dass nach Art. 15 Abs. 2 Bst. b StGHG auch die vom Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II) garantierten Rechte Gegenstand einer Individualbeschwerde sein können. 384Besonderer 
Teil 652StGH 1996/6, Urteil vom 30. August 1996, LES 3/1997, S. 148 (152); siehe auch StGH 2000/33, Urteil vom 5. Dezember 2000, nicht veröffentlicht, Erw. 6.2. 653Darauf weist auch der Staatsgerichtshof in StGH 2006/4, Urteil vom 3. Juli 2006, www.stgh.li, S. 7 unter Bezugnahme auf die strenge Strassburger Rechtsprechung unmissvertsändlich hin. Vgl. dazu auch schon StGH 2004/60, Urteil vom 9. Mai 2005, www.stgh.li, S. 24 f. 654Villiger, Handbuch EMRK, S. 26, Rz. 33 mit Hinweisen auf die Judikatur des Eu- ropäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) und Grabenwarter, EMRK, S. 11, Rz. 7. 655Vgl. die Erklärungen und Vorbehalte des Fürstentums Liechtenstein in: Internatio- naler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, LGBl. 1999 Nr. 58.
	        

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