Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

B.Voraussetzung des Gehörsanspruchs Das rechtliche Gehör setzt kein materielles Interesse voraus und es «ist unabhängig davon zu beachten, ob dessen Gewährung den materiellen Entscheid überhaupt zu beeinflussen vermag».445Der grundrechtliche Gehörsanspruch erfordert vielmehr die Gefahr einer persönlichen Be- schwer als Ergebnis eines Gerichts- oder Verwaltungsverfahrens, an dem eine Person beteiligt ist.446Es sollen «alle Verfahrensbeteiligten ihren Standpunkt angemessen einbringen können».447Demnach ist für eine Gehörsverweigerung entscheidend, ob diejenige Person, die sich auf den Anspruch des rechtlichen Gehörs beruft, überhaupt am Verfahren betei- ligt ist. Wer Verfahrensbeteiligter ist, bestimmt grundsätzlich das ent- sprechende Verfahrensrecht.448Dabei genügt es nach schweizerischem Recht, an einem Verfahren bloss insoweit beteiligt zu sein, als dessen Ausgang sich auf schutzwürdige, wenn auch nur faktische, Interessen nachteilig auswirkt. Eine materielle Berechtigung ist nicht notwendig.449 Eine Parteistellung im vorangegangenen Verfahren ist also nicht eine zwingende Voraussetzung, um eine Verletzung des rechtlichen Gehörs beim Staatsgerichtshof geltend machen zu können. So muss beispiels- weise eine Gemeinde bei Beschwerdeverfahren, die die Gemeindeauto- nomie tangieren, immer die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme 341 
§ 21 Anspruch auf rechtliches Gehör 445StGH 1992/8, Urteil vom 23. März 1993, LES 3/1993, S. 77 (79); StGH 1996/6, Ur- teil vom 30. August 1996, LES 3/1997, S. 148 (152); siehe auch StGH 1991/12a und StGH 12b, Urteil vom 23. Juni 1994, LES 4/1994, S. 96 (98) sowie StGH 1992/8, Ur- teil vom 23. März 1993, LES 3/1993, S. 77 (79); StGH 1996/4, Urteil vom 24. April 1997, LES 2/1998, S. 74 (79); StGH 1996/41, Urteil vom 27. Juni 1997, LES 4/1998, S. 181 (184); StGH 1997/39, Urteil vom 19. Juni 1998, LES 2/1999, S. 83 (86); StGH 1997/3, Urteil vom 5. September 1997, LES 2/2000, S. 57 (61); StGH 2003/5, Ent- scheidung vom 30. Juni 2003, nicht veröffentlicht, S. 11; StGH 2003/29, Urteil vom 1. März 2004, nicht veröffentlicht, S. 17; StGH 2003/90, Urteil vom 1. März 2004, LES 2/2006, S. 89 (92); StGH 2003/91, Urteil vom 1. März 2004, nicht veröffent- licht, S. 9; siehe zur formellen Natur der Verfahrensgarantien vorne S. 250 f. und zur Rechtsnatur des rechtlichen Gehörs hinten S. 354 f. und S. 345 f. 446StGH 1992/8, Urteil vom 23. März 1993, LES 3/1993, S. 77 (79) und StGH 1991/12a und StGH 1991/12b, Urteil vom 23. Juni 1994, LES 4/1994, S. 96 (98); siehe zu den Voraussetzungen auch Kley, Grundriss, S. 253. 447StGH 1997/3, Urteil vom 5. September 1997, LES 2/2000, S. 57 (62). 448StGH 1992/8, Urteil vom 23. März 1993, LES 3/1993, S. 77 (79) und StGH 1991/12a und StGH 1991/12b, Urteil vom 23. Juni 1994, LES 4/1994, S. 96 (98). 449Vgl. Müller, Grundrechte, S. 512; ausführlich zur Trägerschaft des rechtlichen Ge- hörs im schweizerischen Verwaltungsverfahren Albertini, S. 138 ff.
	        

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