Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

Eine Person ist bedürftig, wenn sie ausserstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unter- halts zu bestreiten. Als notwendiger Unterhalt ist von Gesetzes wegen derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.356Er wird betragsmässig dem unpfändbaren Existenzminimum gleichgesetzt und darf jedenfalls nicht geringer ausfallen.357Ob die Be- dürftigkeit verschuldet oder unverschuldet ist, ist grundsätzlich irrele- vant, solange die Partei, die Verfahrenshilfe beantragt, nicht etwa eine ihr zumutbare Erwerbstätigkeit gerade deshalb unterlässt, um in den Ge- nuss der Verfahrenshilfe zu kommen.358 Der Staatsgerichtshof erachtet die Bedürftigkeit einer Verfahrens- partei als nicht gegeben und die Verfahrenshilfe als nicht erforderlich, wenn sie noch über verwertbares Vermögen verfügt und ein Rückgriff darauf zumutbar ist.359So ist die Verwertung einer Liegenschaft jeden- falls sehr wohl zumutbar, «wenn diese nicht zur Befriedigung des Wohn- bedürfnisses der Partei oder als unerlässliche Einnahmequelle dient».360 Aus diesem Grund betrachtet der Staatsgerichtshof eine geringfügige Aufstockung einer schon bestehenden Hypothek bei einer Bank ohne weiteres als praktikabel und als zumutbare Mittelbeschaffung zur Ver- 323 
§ 20 Verfahrenshilfe scheidung vom 9. April 2001, nicht veröffentlicht, S. 12 und StGH 2001/19, Entscheidung vom 17. September 2001, LES 5/2004, S. 148 (150); StGH 2001/75, Entscheidung vom 24.Juni 2002, LES 1/2005, S. 24 (26); StGH 2004/13, Urteil vom 30. November 2004, nicht veröffentlicht, S. 16 und Höfling, Verfassungsbe- schwerde, S. 204. In der Schweiz werden die Anspruchsvoraussetzungen unabhän- gig von der Verfahrensart einheitlichen Kriterien unterworfen. Vgl. Kley-Struller, Unentgeltliche Rechtspflege, S. 180. 356Allgemein zur Definition des «notwendigen Unterhalts» in Lehre und Rechtspre- chung Bydlinski, in: Fasching/Konecny, Zivilprozessgesetze II/1, § 63, Rz. 1 ff. mit Rechtsprechungshinweisen; siehe für die Schweiz Kley-Struller, Unentgeltliche Rechts pflege, S.181 mit Rechtsprechungshinweisen und Müller, Grundrechte,   S. 549 f. mit Rechtsprechungshinweisen. 357StGH 2003/7, Beschluss vom 6. Februar 2003, nicht veröffentlicht, S. 2; siehe auch StGH 2005/82, Beschluss vom 17. März 2006, nicht veröffentlicht, S. 3 f. 358Vgl. Bydlinski, in: Fasching/Konecny Zivilprozessgesetze II/1, § 63, Rz. 1 mit Rechtsprechungshinweisen; so auch StGH 2003/22, Urteil vom 17. November 2003, nicht veröffentlicht, S.20 unter Heranziehung der österreichischen Lehre und Recht sprechung. Siehe für die Schweiz etwa Müller, Grundrechte, S. 550 unter Hin- weis auf BGE 104 Ia 31 E4 S. 34. 359StGH 2003/7, Entscheidung vom 30. Juni 2003, nicht veröffentlicht, S. 9. 360StGH 2003/7, Entscheidung vom 30. Juni 2003, nicht veröffentlicht, S. 9.
	        

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