Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

C.Ausländische natürliche Personen Personen, die nicht die liechtensteinische Staatsangehörigkeit besitzen oder ihren Wohnsitz nicht im Inland haben, hatten bis vor kurzem318nur insoweit einen Anspruch auf Verfahrenshilfe, als die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge vorgesehen ist oder Gegenrecht gehalten wird (§ 63 Abs. 3 ZPO). Der Staatsgerichtshof hat in StGH 2003/22319festgehalten, «dass die Auffassung der Regierung, wonach die Gegenseitigkeitsvo- raussetzung allein aufgrund fehlender zwischenstaatlicher Vereinbarun- gen zu verneinen sei, nicht haltbar ist. Denn 63 Abs. 3 ZPO lässt expli- zit auch die faktische Gewährung des Gegenrechts durch den Wohnsitz- staat der antragstellenden Partei als Verfahrenshilfevoraussetzung ge - nügen». Auch wenn diese Ausführungen nur die geltende Gesetzeslage wie- dergeben und der Staatsgerichtshof die Frage der Gegenseitigkeitsvo- raussetzungen offen lassen konnte, ist bemerkenswert, dass er auf die schweizerische Bundesgerichtspraxis verweist, wonach die Verfahrens- hilfe auch im Ausland wohnhaften Parteien ohne Gegenrechtserforder- nis zu gewähren ist.320Schon die Regierung äusserte in ihrer Stellung- nahme vom 7. September 1993 an den Landtag321Bedenken und auch Jo- chen Abr. Frowein/Wolfgang Peukert322sind in ihrem EMRK-Kom- mentar der Meinung, dass eine Regelung, die Ausländern die Verfah- renshilfe nur bei Gegenseitigkeit gewährt, mit Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht vereinbar sein dürfte.315 
§ 20 Verfahrenshilfe 318Siehe FN 294 und 323. 319StGH 2003/22, Urteil vom 17. November 2003, nicht veröffentlicht, S. 21. 320StGH 2003/22, Urteil vom 17. November 2003, nicht veröffentlicht, S. 21 unter Hinweis auf BGE 120 Ia 217 (218 f.); siehe für die Schweiz Bühler, S. 227 und Kley- Struller, Unentgeltliche Rechtspflege, S. 183 für den es sich bei der Voraussetzung des Gegenrechts um eine sachfremde und unzulässige Erschwerung des Zugangs zur Rechtspflege handelt. 321Stellungnahme der Regierung, Nr. 31/1993, S. 2 f. Sie hielt eine «Einschränkung der Aktivlegitimation zur Beantragung der Verfahrenshilfe», gleichgültig ob dies «auf der Basis von Staatsverträgen oder gestützt auf Gegenrecht» erfolge, aus der Sicht der Europäischen Menschenrechtskonvention für «nicht unbedenklich». In der Ge- genäusserung, die die Regierung im Normenkontrollverfahren erstattete, welches zur Aufhebung von § 63 Abs. 3 ZPO geführt hatte, ist allerdings nichts mehr von diesen früher einmal geäusserten Bedenken zu lesen. Siehe StGH 2005/89, Urteil vom 1. September 2006, nicht veröffentlicht, S. 2 f. 322Frowein/Peukert, Art. 6, Rz. 63.
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.