Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

fangen erscheinen lassen.217Die anderen beiden Bestimmungen (Bst. a und b) enthalten nichts anderes als eine beispielhafte, demonstrative Aufzählung solcher Tatsachen, die einen Richter in Hinsicht auf den zu beurteilenden Fall für befangen erklären.218 B.Kenntnis der personellen Zusammensetzung des Spruchkörpers Jedes Prozesssubjekt mit Parteistellung im staats- und verfassungsge- richtlichen Verfahren kann einen Ablehnungs- oder Befangenheitsantrag stellen.219Voraussetzung ist, dass die Rechtssuchenden (Verfahrenspar- teien) vor der Entscheidungsfällung von der personellen Zusammenset- zung des Spruchkörpers Kenntnis erlangen und ihnen Gelegenheit gege- ben wird, allfällige Befangenheitsanträge zu stellen. Wird ihnen nicht die Möglichkeit eingeräumt, Richter abzulehnen, indem ihnen die Gerichts- besetzung nicht im Vorhinein bekannt gegeben wird, verstösst ein sol- ches Vorgehen nach der jüngeren Rechtsprechung des Staatsgerichtsho- fes gegen das Recht auf den ordentlichen Richter.220Judikatur und Lite- ratur in der Schweiz sprechen von einem verfassungsmässigen Anspruch der Parteien, die personelle Zusammensetzung der im konkreten Fall entscheidenden Behörde zu erfahren.221Eine solche Kenntnis muss nach Jörg Paul Müller222bereits in dem Zeitpunkt gegeben sein, in dem die Richterpersonen ihre Tätigkeit im konkreten Fall aufnehmen. 290Besonderer 
Teil 217Siehe auch StGH 2004/43, Urteil vom 29. November 2004, nicht veröffentlicht, S. 18. Dort ist im Zusammenhang mit Art. 11 Abs. 1 Bst. c StGHG von einem «Sub- sidiärtatbestand» die Rede. 218Die Bestimmungen des Art. 11 Abs. 1 Bst. b und c StGHG entsprechen zusammen denen des Art. 7 Bst. d LVG. 219Das Staatsgerichtshofgesetz unterscheidet in Art. 11 Abs. 1 zwischen dem allgemei- nen Ablehnungsantrag und dem speziellen Befangenheitsantrag gemäss Bst. c. Ein interessantes rechtsvergleichendes Detail in diesem Zusammenhang ist die Bestim- mung des § 12 Abs. 1 VfGG. Sie lautet: «Die Ablehnung eines Mitgliedes in einer vor dem Verfassungsgerichtshof zur Verhandlung gelangenden Angelegenheit ist nicht zulässig». Siehe dazu auch Adamovich, S. 5. 220StGH 2004/63, Urteil vom 9. Mai 2005, LES 2/2006, S. 115 (120 f.). 221Siehe Müller, Grundrechte, S. 581 mit Rechtsprechungshinweisen und auch Rhi- now/Koller/Kiss-Peter, Grundzüge, S. 68, Rz. 290 unter Bezugnahme auf BGE 117 Ia 323. 222Müller, Grundrechte, S. 581.
	        

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