Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

langt der Staatsgerichtshof auch einen Bezug zu den Verfahrensparteien und zum Beschwerdefall. Liegt nämlich kein genügend konkreter sach- licher Bezug zwischen der journalistischen Tätigkeit und der Richtertä- tigkeit des abgelehnten Richters vor, kann eine Befangenheit nicht ange- nommen werden.163 Das deutsche Bundesverfassungsgericht hält wissenschaftliche Äusserungen zu einer für das Verfahren bedeutsamen Rechtsfrage für sich genommen für keinen Befangenheitsgrund. Damit eine Besorgnis der Befangenheit als begründet erscheinen kann, müssen zusätzliche Umstände vorliegen. Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Richters kann bestehen, wenn die Nähe wissenschaftlicher Äusse- rungen zu der von einem Beteiligten vertretenen Rechtsauffassung bei einer Gesamtbetrachtung nicht zu übersehen ist und überdies die wis- senschaftliche Tätigkeit des Richters vom Standpunkt anderer Beteilig- ter aus die Unterstützung dieses Beteiligten bezweckte. Die Sorge, dass der Richter die streitige Rechtsfrage nicht mehr offen und unbefangen beurteilen werde, ist bei einer lebensnahen Betrachtungsweise verständ- lich.164 4.Objektivierung der subjektiven Einschätzungen Bei der Beurteilung der richterlichen Unabhängigkeit bzw. Unbefangen- heit ist primär auf objektive Gesichtspunkte abzustellen. Es genügt nicht, wenn sich etwa ein betroffener Richter subjektiv als befangen er- achtet, obschon dies ein starkes Indiz für eine tatsächlich bestehende Be- fangenheit darstellt. Liegen jedoch objektive Gründe für die Befangen- heit vor, ändert an diesem Sachverhalt nichts, wenn sich der Richter sub- jektiv nicht für befangen hält. Es ist schon der Anschein von Befangen- heit hinreichend.165Kann der Befangenheitsgrund auf eine der vier vorne beschriebenen Arten166zurückgeführt werden, muss geprüft werden, ob 280Besonderer 
Teil 163StGH 2001/38, Entscheidung vom 23. April 2002, nicht veröffentlicht, S. 8; siehe auch Kiener, Unabhängigkeit, S. 194 ff. 164EuGRZ 1999, S. 434 (435). 165StGH 1999/57, Entscheidung vom 7. Juni 2000, LES 2/2003, S. 67 (69 f.). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte prüft die Unparteilichkeit unter sub- jektiven und objektiven Gesichtspunkten. Vgl. Meyer-Ladewig, S. 104, Rz. 30. 166Vorne S. 273 ff.
	        

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