Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

Sache». Es ist nämlich allein das Interesse an der Entscheidung eines un- abhängigen und unparteiischen Gerichts verfassungsrechtlich ausdrück- lich geschützt und nicht das allgemeine Interesse am geordneten Ablauf des Verfahrens. Damit von einer Befangenheit in einem Fall der Mehrfachbefas- sung eines Richters ausgegangen werden kann, «muss sich der objektiv gerechtfertigte Zweifel oder müssen sich die besonderen Umstände so konkretisieren, dass ein zureichender Grund für eine solche Befangen- heit glaubhaft gemacht werden kann».143 bb) Vorbefassung144 Die so genannte Vorbefassung bildet einen Ausschlussgrund gemäss Art. 10 Abs. 1 Bst. b StGHG sowie einen Ausstands- bzw. Ablehnungs- grund nach dem Subsidiärtatbestand von Art. 11 Abs. 1 Bst. c StGHG.145 Der Staatsgerichtshof betont in diesem Zusammenhang allerdings, dass sich diesen erwähnten Bestimmungen nicht entnehmen lässt, ob die Be- fassung mit einer Beschwerdesache bei der Vorabentscheidung über einen mit der Beschwerde verbundenen Antrag auf Verfahrenshilfe tat- sächlich eine unzulässige Vorbefassung darstellt.146Er orientiert sich in seiner Praxis an der Rechtsprechung des österreichischen Obersten Ge- richtshofes und des schweizerischen Bundesgerichts. In StGH 2004/43147fasst er sie wie folgt zusammen: «Was die konkrete Frage der Ablehnung der Verfahrenshilfe wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsver- folgung angeht, so hat der österreichische Oberste Gerichtshof (öOGH) entschieden, dass aus einer derartigen Vorbefassung keine Besorgnis der Befangenheit abzuleiten sei. Konkret hat der öOGH ausgeführt, dass in Fällen, in denen ein Richter aus rechtlichen Gründen die Rechtsverfol- gung als aussichtslos erachtet, keine Befangenheit vorliege. Eine Besorg- nis für die Unparteilichkeit des erkennenden Richters in der Hauptsache wäre erst dann anzunehmen, wenn der abgelehnte Richter zu erkennen 276Besonderer 
Teil 143StGH 2003/92 und 2003/96, Urteil vom 28. September 2004, nicht veröffentlicht, S. 12; StGH 2004/36, Urteil vom 30. November 2004, nicht veröffentlicht, S. 20; vgl. auch StGH 2003/24, Urteil vom 15. September 2003, nicht veröffentlicht, S. 33. 144Siehe zur Begriffsdefinition Riedel, S. 152 f. und Kiener, Unabhängigkeit, S. 138. 145StGH 2004/43, Urteil vom 29. November 2004, nicht veröffentlicht, S. 18. 146StGH 2004/43, Urteil vom 29. November 2004, nicht veröffentlicht, S. 18. 147StGH 2004/43, Urteil vom 29. November 2004, nicht veröffentlicht, S. 18 f.
	        

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