Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

gen.129Es ist also näher zu untersuchen, wann solche konkreten Um- stände vorliegen, die die Annahme einer Befangenheit rechtfertigen oder die Befürchtung fehlender richterlicher Unabhängigkeit bzw. Unpartei- lichkeit auch «objektiv» hervorrufen. 3.Strukturierung der konkreten Umstände Regina Kiener130beschreibt aus der reichhaltigen Praxis vier Arten von «Umständen», die den Anschein einer Befangenheit und die Gefahr einer Voreingenommenheit nahe legen bzw. die richterliche Unabhän- gigkeit in Frage stellen. Es sind dies die persönliche Beziehung eines Richters oder einer Richterin zu einer der Verfahrensparteien,131die be- sondere Nähe einer Richterperson zu einem bestimmten Fall (so ge- nannte richterliche Vorbefassung), die besondere Nähe zu einer speziel- len Thematik (wissenschaftliche Publikation oder bestimmtes Engage- ment in der Öffentlichkeit)132und ein möglicher medialer und öffent - licher oder von anderen Staatsorganen gemachter Druck (äusserer Druck).133 a) Persönliche Beziehung zu einer der Verfahrensparteien Um die Befangenheit zu beurteilen, stellt der Staatsgerichtshof grund- sätzlich nur auf das Verhältnis zwischen Richterperson und Verfahrens- partei ab und lässt die Beziehung der Richterperson zum Parteienvertre- ter ausser Acht.134So gilt eine Richterperson im Zivilverfahren nicht als 273 
§ 19 Recht auf den ordentlichen Richter 129Müller, Grundrechte, S. 575; vgl. auch StGH 1999/57, Urteil vom 7. Juni 2000, LES 2/2003, S. 67 (69 f.). 130Kiener, Unabhängigkeit, S. 61 ff. 131Dazu hält der Staatsgerichtshof in StGH 2001/38, Entscheidung vom 23. April 2002, nicht veröffentlicht, S. 13 fest, dass ein wenn auch nahes Verwandtschaftsverhältnis zwischen einer Richterin und einem Partner der als Rechtsvertreter von Verfah- rensbeteiligten auftretenden Anwaltskanzlei eine Befangenheit dieser Richterin nicht zu begründen vermag. Dazu unten. 132Nach StGH 2001/38, Entscheidung vom 23. April 2002, nicht veröffentlicht, S. 8 f. reicht eine journalistische Tätigkeit eines Richters des Staatsgerichtshofes, die zehn Jahre zurückliegt, nicht aus, um die Befangenheit zu begründen. Dies vor allem aber auch deshalb, weil die Tätigkeit in einem weder sachlich noch zeitlich engen Bezug zum Beschwerdefall steht. Dazu hinten S. 279 f. 133Vgl. auch Müller, Grundrechte, S. 577 ff. 134StGH 2001/38, Entscheidung vom 23. April 2002, nicht veröffentlicht, S. 12 f. mit Hinweisen auf die diesbezüglich geteilte Meinung in der Schweiz.
	        

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