Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

fahren vertreten und begründet werden.528Ein Disziplinarverfahren, das keinen strafprozessualen Charakter aufweisen würde, entspräche nicht einem modernen Strafverfahren, das bis zu einem gewissen Grade ein Parteienprozess ist.529Der Staatsgerichtshof darf aus diesem Grunde auch nicht wie bei einem Inquisitionsprozess zugleich Ankläger und Richter sein. Diese Möglichkeit würde im Disziplinarverfahren theore- tisch bestehen, da alle an diesem Verfahren Beteiligten Richter des Staatsgerichtshofes sind. Ein solcher Fall darf jedoch nicht eintreten, da diejenige Richterperson, welche die Disziplinaranzeige erstattet hat, nicht als Richter über diese Anzeige urteilen kann. Es sind zum einen Aus schliessungs- und Befangenheitsgründe. Zum andern ist das Diszi p - linarverfahren aus rechtsdogmatischer Sicht einem Strafverfahren ähn- lich, das heute als Parteienprozess anzusehen ist, in dem der Anzei- gende530die Rolle des Anklägers und nicht diejenige eines Richters zu übernehmen hat. b) Parteienprozess Das Disziplinarverfahren vor dem Staatsgerichtshof weist strafprozes- sualen Charakter auf und ist dementsprechend als Parteienprozess aus- gestaltet, bei dem den am Verfahren beteiligten Prozesssubjekten volle Parteistellung zukommt. Es kann weder dem Angezeigten das Recht auf eine gehörige Verteidigung noch dem Anzeigenden das Recht auf eine gehörige Vertretung und Begründung der Anzeige versagt werden. Diese Rechte setzen die Parteistellung im Verfahren für beide Parteien voraus. c) Kein objektives Verfahren Auch wenn es sowohl im Ministeranklageverfahren als auch im Diszip- linarverfahren vor dem Staatsgerichtshof um die Durchsetzung der Ver- fassungsordnung und den Vorrang der Verfassung geht, kann es sich bei 234Andere 
verfassungsgerichtliche Verfahren 528Vgl. beispielsweise Art. 33 Abs. 1 StGHG und Art. 12 Abs. 4 StGHG zu den Grün- den, nach denen eine Amtsenthebung eines Richters durch Disziplinarurteil zu er- folgen hat. 529Vgl. dazu schon vorne S. 224 ff. 530Der Anzeigende kann aber gleich wie der Landtag im Ministeranklageverfahren ge- mäss Art. 33 Abs. 1 StGHG jemand anderen zur Vertretung der Anzeige (Anklage) beauftragen, da diese Bestimmung auf das Disziplinarverfahren sinngemäss anzu- wenden ist.
	        

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