Volltext: Liechtensteinisches Verfassungsprozessrecht

könnte seine Funktion als «Hüter der Verfassung» nicht mehr ausüben, wenn an Stelle eines unmittelbar bei ihm gestellten Normprüfungsantra- ges zuerst das instanzenmässig übergeordnete (Fach-)Gericht über die Zulässigkeit eines Prüfungsantrages zu entscheiden hätte.312Der Staats- gerichtshof würde so sein in Art. 104 Abs. 2 LV institutionalisiertes Normverwerfungsmonopol verlieren. Denn die Vorlagepflicht könnte von den Prozessparteien des fachgerichtlichen Verfahrens im Wege einer instanzenmässigen Anfechtung des Vorlagebeschlusses umgangen wer- den, wenn das Rechtsmittelgericht die Unterbrechung für unzulässig er- klärt und den Unterbrechungsbeschluss aufhebt. Es kann auf Grund von Art. 104 Abs. 2 LV nicht sein, dass ein (Fach-)Gericht im Instanzenzug faktisch die Rolle des Staatsgerichtsho- fes übernimmt und über die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrages entscheidet. Sowohl die formelle als auch die materielle Prüfung eines Normprüfungsantrages fällt einzig und allein in die Kompetenz des Staatsgerichtshofes. Auch aus diesem Grund könnte der Meinung Karl August Bettermanns nicht gefolgt werden, obwohl es nach dem Staats- gerichtshofgesetz möglich ist, sowohl das Landesverwaltungspflegege- setz wie auch die Zivilprozessordnung auf das Verfassungsprozessrecht anzuwenden. Überdies wäre auch zu fragen, wer über eine Anfechtung eines Vorlagebeschlusses entscheidet, der von einem (Fach-)Gericht be- schlossen worden ist, für das es kein instanzenmässig übergeordnetes (Fach-)Gericht mehr gibt. Soll beispielsweise ein Vorlagebeschluss des Landgerichts im Instanzenzug anfechtbar sein und ein Vorlagebeschluss des Obersten Gerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes nicht? Schliesslich könnte man als weiteres Argument anführen, dass nach dem geltenden neuen Staatsgerichtshofgesetz die Normrüge einer Prozess- partei nicht mehr zwingende Voraussetzung für einen zulässigen Nor- menkontrollantrag eines (Fach-)Gerichts ist. Der Gesetzgeber hat also davon Abstand genommen, dass ein Normprüfungsantrag von den Pro- zessparteien im fachgerichtlichen Verfahren abhängig ist.313175 
§ 10 Normenkontrollverfahren 312Dagegen sieht Bettermann, Konkrete Normenkontrolle, S. 371 in diesem Kompe- tenzentzug kein Problem, denn bei der konkreten Normenkontrolle hänge die An- rufung des Verfassungsgerichts von den Instanzgerichten ab. 313Vgl. auch § 80 Abs. 3 BVerfGG.
	        

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